Repression gegen Linke in Istanbul

Die türkische Polizei hat zu einem Repressionsschlag gegen linke Strukturen in Istanbul ausgeholt. Mindestens 40 Personen wurden festgenommen. Ihnen wird der Anwaltskontakt verweigert.

Die türkische Polizei hat in Istanbul großangelegte Razzien gegen linke Strukturen durchgeführt. Dabei wurden mindestens 40 Personen, unter ihnen Anwält:innen, Musiker:innen und Angehörige von Gefangenen festgenommen. Unter den Festgenommenen befinden sich das Vorstandsmitglied des Kulturvereins Pir Sultan Abdal (PSAKD) von Sarıyer, Şimal Deniz, Angehörige des Vereins für Solidarität der Familien von Gefangenen (TAYAD) und die seit mehr als zwei Jahren im Hausarrest befindliche Ayten Öztürk. Für die Festgenommenen wurde eine 24-stündige Kontaktsperre verhängt.

Anwaltsbüro gestürmt

Am Dienstag drang die Polizei in die Räumlichkeiten des „Rechtsbüros des Volkes“ in Istanbul Okmeydan ein. Dabei wurden, wie der Verein der „Zeitgenössischen Jurist:innen“ (ÇHD) mitteilte, die Anwältinnen Betül Vangölü Kozağaçlı, Seda Şaraldı, Didem Baydar Ünsal und Berrak Çağlar festgenommen. Der ÇHD erklärte: „Wir werden uns dieser Dreistigkeit, Anwaltskanzleien mit fadenscheinigen Begründungen anzugreifen und die Türen einzutreten, nicht beugen. Wir wehren uns gegen diese willkürlichen Angriffe!“

Razzia beim Idil-Kulturzentrum

Auch das Idil-Kulturzentrum wurde am Dienstag zum Ziel staatlicher Angriffe. Die Polizei drang in die Räumlichkeiten in Istanbul-Okmeydan ein, verwüstete die Innenräume und nahm Mitglieder der Band Grup Yorum, Dilan Poyraz, Barış Yüksel, Fırat Kaya, Bergün Varan und Merve Kurt, fest. Dabei wurden, wie auf der Plattform X veröffentlichte Aufnahmen belegen sollen, gezielt Instrumente der Band zerstört. Offenbar drang die Polizei auch in mehrere Wohnungen von Familien ein, welche der linken Gruppe TAYAD angehören sollen.

Rache für mutmaßliche Aktion der DHKP-C?

Bei den von der Repression betroffenen Strukturen und Personen handelt es sich um Kreise, die vom Staat immer wieder in die Nähe der bewaffneten Gruppe DHKP-C gerückt werden. Der Zeitpunkt der Razzien, direkt nach einem vom Justizminister als Aktion der DHKP-C bezeichneten Angriff auf den Justizpalast in Istanbul-Çağlayan, bei dem die beiden Angreifer:innen und eine weitere Person starben, deutet auf eine Racheaktion des Staates hin. So hatte Justizminister Yılmaz Tunç nach dem bewaffneten Angriff auf das Istanbuler Gerichtsgebäude bekanntgegeben, dass 34 Personen „im Zusammenhang“ mit dem Angriff festgenommen wurden.