Seit der Öffnung der Wahllokale am Morgen um 7.00 Uhr Ortszeit haben auch die internationalen Delegationen ihre Arbeit der Wahlbeobachtung aufgenommen. Im Moment befinden sich 403 Beobachter:innen der OSZE in der Türkei. In Nordkurdistan findet aber auch eine zivilgesellschaftliche Beobachtung der Wahlen statt. Es befinden sich dort unabhängige Wahlbeobachtungsdelegationen bestehend aus 175 Parlamentarier:innen, Parteivertreter:innen, Vertreter:innen der Zivilgesellschaft, Jurist:innen, Akademiker:innen, Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen, die dort Verstöße dokumentieren werden.

Çimen: Wahlbetrug zu erwarten

Der HDP-Europavertreter Devriş Çimen hatte bereits gewarnt: „Aufgrund der Atmosphäre im Vorfeld der Wahlen ist eine gerechte, freie und demokratische Wahl kaum zu erwarten. Erdoğan hat die Kontrolle über die Justiz, die Medien und alle politischen Institutionen des Staates und setzte diese im Wahlkampf ein. Rückblickend auf die 21 Jahre [AKP-]Regierung sehen alle, dass ein autoritäres Regime geschaffen worden ist.“ Angesichts dessen haben verschiedene internationale Organisationen offizielle und unabhängige Beobachtungsmissionen entsandt

Delegationen sollen versuchen, die Sicherheit der Wahlen kontrollieren

Çimen hebt die Wahrscheinlichkeit von massiven Angriffen auf die Wahlen durch die Regierung hervor und unterstreicht angesichts dessen die Bedeutung der Wahlbeobachtungsdelegationen: „Sie werden vor Ort beobachten und Berichte verfassen, denn sie wissen, dass einerseits ein Wandel durch Wahlen möglich ist, dass aber andererseits, um dies zu verhindern, alle möglichen Formen von Betrug, Repression und Manipulation angewandt werden.“

„Sicherheit der Wahlen nicht dem Erdoğan-Regime überlassen“

Die HDP spiele eine Schlüsselrolle in der Politik in der Türkei, sagt Çimen und sieht darin die Ursache für die massive Repression gegen die Partei: „Es ist bekannt, dass Erdoğan versucht, die Einnahme dieser Rolle [durch die HDP] mit Hilfe systematischer Repression, willkürlichen und politischen Prozessen, der Inhaftierung von Tausenden von Mitgliedern [der HDP] und dem seit 2021 stattfinden Schließungsverfahren zu verhindern. Es ist bekannt, dass Erdoğan dies als umfassenden Wahlbetrug betrieben und entsprechend Druck auf die Justiz ausgeübt hat. Da bekannt ist, dass die HDP bei den vergangenen Wahlen hohe Stimmenanteile erhalten hat und diesmal noch mehr Stimmen an die Grüne Linkspartei (YSP) gehen werden, ist davon auszugehen, dass in den kurdischen Provinzen, wie bei vergangenen Wahlen auch, antidemokratische Praktiken und Methoden zum Einsatz kommen werden. In dieser Hinsicht ist die Sicherheit der Wahlen zu wichtig, um sie allein den Institutionen zu überlassen, die unter der Kontrolle des Erdoğan-Regimes stehen.“

Çimen berichtet, dass die unabhängigen Wahlbeobachtungsdelegationen in Nordkurdistan aus 175 Teilnehmer:innen bestehen. Diese stammen aus Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland. Die Delegationen werden in Nordkurdistan in Amed (tr. Diyarbakır), Çewlig (Bingöl), Mûş, Riha (Urfa), Mêrdîn, Sêrt, Şirnex, Colemêrg (Hakkari), Agirî, Qers, Erdexan, Sêrt und Meletî, aber auch in Istanbul eingesetzt werden. Çimen weiter: „Die Delegation besteht aus 175 Parlamentarier:innen und Vertreter:innen linker, sozialistischer, grüner und sozialdemokratischer Parteien, Vertreter:innen von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen, Anwält:innen, Wissenschaftler:innen, Akademiker:innen, Journalist:innen und Aktivist:innen, die zur Beobachtung vor Ort in den kurdischen Provinzen sein werden.“

Die Delegationen werden der Öffentlichkeit berichten

Çimen erklärt, dass das HDP-Europabüro im Kontakt mit den Wahlbeobachtungsdelegationen steht, und weist darauf hin, dass die Informationen der Delegationen in den Liveblog auf der Seite LIVE TICKER: Turkey at a turning point? Election observation, obstacles and developments | HDP Europe eingespeist werden.