Die türkische Regierung nutzt ihre Imame für politische Propaganda, Geheimdienstarbeit und Assimilationspolitik. So werden Gebete auch nur in türkischer Sprache abgehalten. Aus Protest dagegen formierte sich die Bewegung der „zivilen Freitagsgebete“.
Während in den Moscheen strenge Geschlechtertrennung herrscht, beteten bei den zivilen Freitagsgebeten Frauen und Männer zusammen. Sie wurden nicht mehr in den vom Staat kontrollierten Moscheen, sondern auf öffentlichen Plätzen abgehalten. Bis zu ihrer Zerschlagung durch massive Polizeigewalt, Tränengas-, Knüppel- und Wasserwerfereinsätze nahmen über Monate immer mehr Menschen, oft Tausende, an den zivilen Gebeten teil. Gegen die Imame wurden juristische Maßnahmen eingeleitet.
Sechs Jahre und drei Monate für zivile Gebete
Der 64-jährige Imam Andülkadir Anar war angeklagt worden, „zivile Freitagsgebete veranstaltet, bei Beerdigungen von PKK-Mitgliedern gebetet und an Beerdigungen von PKK-Mitgliedern, Trauerfeiern und als Mitglied des Stadtrats von Bağlar für die BDP (Partei des Friedens und der Demokratie) an den Arbeiten der Partei und ihren Kundgebungen teilgenommen und gegen die Zerstörung von Gräbern von PKK-Mitgliedern protestiert zu haben.“ Aus diesem Grund wurde er wegen „Mitgliedschaft“ zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Dieses Urteil wurde nun von einem Berufungsgericht bestätigt.