Seit dem 17. Dezember ist Yüksel Koç mit 13 weiteren kurdischen Aktivistinnen und Aktivisten in Straßburg im Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans. Seine Tochter Dilan hat in Sorge um ihren Vater die Bundesregierung angeschrieben. „Ich liebe meinen Vater und möchte ihn nicht verlieren“, heißt es in dem Schreiben der 19-jährigen Bremerin, „Ich hinterfrage nicht diese Aktion von meinem Vater, ich stehe voll und ganz hinter ihm, trotzdem mache ich mir Sorgen als seine Tochter.“
In der Antwort des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung an Dilan Koç heißt es: „Die Sorgen um Ihren Vater sind verständlich und nachvollziehbar. Laut Medienberichten befindet sich Ihr Vater jedoch in einem freiwilligen Hungerstreik. Ich empfehle Ihnen, auf Ihren Vater einzuwirken, einen anderen Weg des politischen Protests zu wählen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit bieten andere Möglichkeiten - friedlich und ohne die Gefährdung der eigenen Gesundheit - politische Anliegen zu vertreten. Ich bedaure Ihnen von dieser Stelle keine andere Unterstützung bieten zu können und wünsche Ihnen alles Gute.“
Yüksel Koç ist Ko-Vorsitzender des europaweiten kurdischen Dachverbandes KCDK-E. Der 55-jährige Vater von zwei Kindern lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Deutschland. Als die HDP-Abgeordnete Leyla Güven im November vergangenen Jahres einen Hungerstreik initiierte, dem sich Hunderte Gefangene in der Türkei anschlossen, sahen auch Koç und seine Mitstreiter in Straßburg keinen anderen Weg mehr. Jahrzehntelang hat Koç mit friedlichen Mitteln für die Rechte der Kurden gekämpft. Die Bundesregierung positioniert sich trotz des offenkundigen Vernichtungswahns des Erdoğan-Regimes unbeirrt weiter auf der Seite des türkischen Staates gegen die kurdische Demokratiebewegung. Einem Menschen wie Yüksel Koç zu empfehlen, er möge sein Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nutzen, ist angesichts der bundesdeutschen Verbotspolitik mehr als sarkastisch.
Die Forderung der Hungerstreikenden
Die Hungerstreikenden fordern regelmäßige Kontakte seiner Anwälte und Angehörigen zu Abdullah Öcalan. Der PKK-Gründer befindet sich seit seiner Verschleppung im Februar 1999 aus der griechischen Botschaft in Nairobi/Kenia auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali. Elf Jahre war er der einzige Häftling auf der Insel – bewacht von mehr als tausend Soldaten. Der letzte Besuch seiner Anwälte fand am 27. Juli 2011 statt. Somit wird ihm seit über sieben Jahren jeglicher Rechtsbeistand verwehrt. Der Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung hält so den „Europa-Rekord“ für Haft ohne Zugang zu Anwälten.
Seit April 2015 befindet sich Öcalan faktisch in Totalisolation. Nach dem letzten Familienbesuch am 11. September 2016 war sein Bruder Mehmet Öcalan erstmalig wieder am 12. Januar für ein 15-minütiges Gespräch auf Imrali. Im Moment befinden sich 317 Gefangene im unbefristeten Hungerstreik für die Aufhebung der Isolation Öcalans.