Nach fast 100 Verhandlungstagen hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden am Mittwoch erhebliche Freiheitsstrafen gegen vier Antifaschist:innen aus Ostdeutschland verhängt. Lina E. und drei weitere Linke wurden aufgrund mutmaßlicher Angriffe auf Nazis in Eisenach, Wurzen und Leipzig in den Jahren 2018 bis 2020 wegen Mitgliedschaft beziehungsweise Unterstützung einer „kriminellen Vereinigung“ verurteilt. Grundlage für das Urteil ist der Gesinnungsparagraf § 129 Strafgesetzbuch (StGB).
Seit November 2020 befindet sich Lina E., der eine führende Rolle im „Antifa-Ost-Verfahren“ zugeschrieben wird, in Untersuchungshaft. Richter Hans Schlüter-Staats verhängte eine Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten gegen die 28 Jahre alte Antifaschistin. Die weiteren Angeklagten wurden mit Freiheitsstrafen von zwei Jahren und fünf Monaten (Jannis R.), drei Jahren (Lennart A.) und drei Jahren und drei Monaten (Philipp M.) verurteilt. Der Generalbundesanwalt hatte bis zu acht Jahre Gefängnis gefordert.
Für die Verteidigung kamen nach dem Prozessverlauf nur Freisprüche infrage, sie hält den Prozess für politisch motiviert und am falschen Ort geführt. Allein der Umstand, dass der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich zog, habe zu höheren Strafanträgen geführt, argumentierten sie in ihren Plädoyers. Sie sahen ihre Mandant:innen einer Vorverurteilung ausgesetzt und warfen der Bundesanwaltschaft vor, bei der Verurteilung rechter und linker Personen unterschiedliche Maßstäbe anzusetzen. Dem Gericht wurde unterstellt, voreingenommen zu sein.
„Feuer und Flamme der Repression“
Der Prozess hatte im September 2021 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt saß Lina E. schon zehn Monate in Untersuchungshaft, während die Männer auf freiem Fuß blieben. Die Urteilsverkündung wurde im Gerichtssaal durch viele Unterstützende der Angeklagten aus der antifaschistischen Bewegung verfolgt. Die hohen Urteile führten zu erheblichem Aufruhr im Saal, Medienberichten zufolge kam es zu Zwischenrufen wie „Feuer und Flamme der Repression“ und „Schweinesystem, weil ihr Fascho-Freunde seid“.
Tag X am 3. Juni in Leipzig
Vor dem Gerichtsgebäude am Dresdner Hammerweg hatten sich schon am Morgen dutzende Menschen zu einer Demonstration gegen das Urteil versammelt. Sie kritisierten unter anderem eine falsche Kriminalisierung eines notwendigen Kampfes gegen Rechtsextremismus. Am Mittwochabend sind in zahlreichen Städten Versammlungen der antifaschistischen Bewegung angekündigt. Für Samstag, den 3. Juni, wird international zum Tag X nach Leipzig mobilisiert.
Titelbild: Ende Gelände Bremen