In einer gemeinsamen Erklärung von SOS Méditerranée, Sea-Eye und Sea-Watch warnen zivile Seenotrettungsorganisationen vor einer Verschärfung der Lage im Mittelmeer. „Obwohl in den letzten Wochen mehr Menschen versuchten, in seeuntauglichen Booten aus Libyen zu fliehen, sind inzwischen fast alle aktiven Seenotrettungsschiffe wegen angeblicher Sicherheitsmängel in Italien festgesetzt oder werden mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung von SOS Méditerranée, Sea-Eye und Sea-Watch. „Somit ist derzeit kein ziviles Seenotrettungsschiff im Mittelmeer im Einsatz.“ Auch das Bundesverkehrsministerium hatte Verordnungen erlassen, mit denen Rettungsschiffe im Mittelmeer an der Seenotrettung gehindert werden sollen.
Illegale Pushbacks in Folterlager
In den vergangenen acht Wochen hatten Aufklärungsflugzeuge von Sea-Watch im zentralen Mittelmeer mehr als 2.100 Personen in Seenot dokumentiert. Über das Schicksal der Menschen weiß Sea-Watch zu berichten: „In vielen dieser Fälle wurden die Menschen durch die sogenannte libysche Küstenwache völkerrechtswidrig nach Libyen zurückgebracht.“ In Libyen verschwinden die Zurückgeschleppten in Folterlagern, werden auf Sklavenmärkten verkauft oder für den Bürgerkrieg zwangsrekrutiert.
Behörden haben Tod Hunderter Menschen billigend in Kauf genommen
Sea-Watch kritisiert, die europäischen Rettungsleitstellen seien ihrer Verpflichtung, Seenotfälle zu koordinieren und den Überlebenden einen sicheren Hafen zuzuweisen, wiederholt nicht nachgekommen: „Dabei haben europäische Behörden billigend in Kauf genommen, dass hunderte Menschen in den letzten Monaten auf dem Mittelmeer ertrunken sind.“