Die Ko-Vorsitzenden der HDP, Pervin Buldan und Sezai Temelli, haben eine Erklärung zur Botschaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan abgegeben. Öcalan hatte betont, dass die Demokratische Partei der Völker (HDP) sich nicht auf der Seite eines der Machtblöcke in der türkischen Politik positionieren solle, sondern vorgeschlagen, am dritten Weg auf der Grundlage von Demokratie, universellem Recht und freier Politik festzuhalten. Die Ko-Vorsitzenden der HDP betonten, dass die bisherige Politik der HDP und die Erklärung Öcalans deckungsgleich seien und es keine Änderung der Wahlstrategie und Taktik in Istanbul geben werde. Damit beziehen sich die Ko-Vorsitzenden auf die taktische Entscheidung der HDP, keine Kandidaten der HDP in Istanbul aufzustellen, um die HDP-Stimmen gegen den AKP-Kandidaten einsetzen zu können.

Öcalans Erklärung ist von historischer Bedeutung

„Die HDP ist ein Symbol für demokratische Politik und demokratische Verhandlungen. Die Äußerungen Abdullah Öcalans zur HDP, der Vertreterin eines neuen Stils der Politik in der Türkei, sind von tiefgründiger Natur. Wir messen ihnen daher im Gegensatz zum alltäglichen politischen Kalkül und der Wahlpolemik der Regierungspartei eine historische Bedeutung bei.

Die HDP strebt durch eine demokratische Verhandlungskultur eine umfassende Transformation der Gesellschaft an. Ihr Ziel ist die Realisierung einer demokratischen Allianz und sie ist stets darum bemüht, den Kampf für Demokratie und Frieden mit Erfolg zu krönen. Aus diesem Grund erachtet die HDP die Äußerungen Abdullah Öcalans, die sich im selben Kontext bewegen, als existenziell und äußerst bedeutsam. Wir erwarten von allen Teilen der Gesellschaft, einschließlich der Regierungspartei und der Opposition, dass sie bei der Lösung von vorhandenen Problemen denselben demokratischen Ansatz verfolgen.

Abdullah Öcalan wird im Inselgefängnis Imrali weiterhin einer Isolation ausgesetzt. Er hat nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, seinen Ansichten und Gedanken Ausdruck zu verleihen. Unter solchen Umständen wird jede seiner Aussagen, die in Bezug auf einen bestimmten historischen Kontext zum Instrument des subjektiven oder neutralen, voreingenommen oder unbefangenen politischen Kalküls und der Wahlpolemiken werden. Dieses Kalkül zielt darauf ab, die Möglichkeit einer demokratischen Lösung der kurdischen Frage und gesellschaftlicher Probleme, die auf einer demokratisch-politischen Grundlage gelöst werden könnten, zu reduzieren. So wird dem Kampf für Demokratie und Frieden Schaden zugefügt.

Öcalan – ein Architekt der Grundideen der HDP

Es darf nicht vergessen werden, dass Abdullah Öcalan zu den Architekten der Grundideen der HDP zählt, daher nimmt die HDP im Kampf für Demokratie und Frieden eine bedeutende politische Rolle ein. Öcalan ist einer der wichtigsten Verhandlungspartner für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und des gesellschaftlichen Friedens. Eine zweckdienliche und unethische Haltung ihm gegenüber wird in der Türkei den Kampf um Frieden, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit gefährden. Damit ein Bündnis für eine demokratische Verfassung und eine demokratische Konsenskultur mit dem Ziel eines gesellschaftlichen Zusammenlebens auf der Grundlage gleicher Bürgerrechte Fuß fassen kann, muss jede Person ihre Haltung im Sinne des Rechts, der Gerechtigkeit, universellen Werten und freier Politik zum Ausdruck bringen – ganz gleich, auf welcher Seite sie steht.

Die unverantwortliche Haltung der Anadolu Agency (AA), die als Agentur der Regierungspartei fungiert, ist bemerkenswert, da sie die journalistische Ethik zum Wohle politischer Interessen mit Füßen tritt. Diese Haltung ist ein weiterer Beweis für die auf Imrali bestehende rechtliche Unsicherheit und entsprechende Rechtsverstöße. Die Tatsache, dass ein Brief, welcher der Verantwortung der Staatsanwaltschaft und der Gefängnisverwaltung obliegt, just in dem Moment, in dem er seinen Adressaten erreicht hat, der AA zugespielt werden kann, ist ein Beweis für die rechtswidrige und unmoralische Situation, die seit 20 Jahren (auf Imrali) andauert. Die demokratische Öffentlichkeit sollte diese Willkür hinterfragen. Dass der AKP-Vorsitzende und Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den Versuch unternimmt, unsere Partei gegen Abdullah Öcalan auszuspielen, indem er diesen auf verwerfliche Weise beschafften Brief verwendet, zeigt seine pragmatische und verzweifelte Art, Politik zu betreiben.

Der dritte Weg für gemeinsame Veränderungen

Wie Abdullah Öcalan in seiner Strategie eines dritten Weges ausführt und zusammenfasst, tritt die HDP nicht für das Polarisierungsmilieu zwischen der ‚Volksallianz‘ und dem ‚Bündnis der Nation‘ ein. Es ist nicht zu übersehen, dass eine diktierende Herangehensweise der Politik, die eine umstrittene und polarisierende Sprache verwendet und alles auf der Grundlage von Antagonismus in ‚Schwarz-Weiß‘ beschreibt, begleitet von einer klaren Strategie der Spannung alle Probleme, einschließlich der kurdischen Frage, verschärfen wird und die Mittel einer demokratischen Lösung und eines Zusammenlebens ausgeschöpft und gänzlich zerstört werden.

Statt einer arroganten und vereinnahmenden Sprache, die in der Vorphase der Wahlen ihre Spuren hinterlassen hat und lediglich auf Konfrontation und Polarisierung aus ist, sollte eine überzeugende Sprache zum Einsatz kommen, die der Lösung der Probleme auf der Grundlage von demokratischen Verhandlungen dient und eine Verständigungskultur entwickelt. Dies würde der erste Schritt hin zu einem neuen politischen Klima sein.

HDP ist der dritte Weg

Die breite politische Perspektive von Herrn Öcalans Erklärung ist äußerst klar. Er hat gesagt: ‚Ihr seid der dritte Weg.‘ Der ‚dritte Weg‘, wie ihn die HDP repräsentiert, ist der Weg der Demokratie, des Friedens. Es ist der Weg, auf dem alle Teile der Gesellschaft sich auf einer gemeinsamen Basis der Demokratie treffen.

Öcalans Erklärung und die Politik der HDP sind deckungsgleich

Die HDP ist - komme was wolle - gegen Tyrannei, Unrecht und Unterdrückung. Bis heute verfolgen wir als HDP mit unserer politischen Strategie und Taktik die Schwächung der oligarchischen Herrschaft der AKP-Regierung und die Rückkehr von demokratischen Werten. Unsere Strategie zielt sowohl auf die gesamte gesellschaftliche Opposition als auch gleichzeitig darauf ab, eine demokratische Sensibilität gegenüber allen Problemen in der Türkei, vor allem auch der kurdischen Frage, zu schaffen. In diesem Sinne ist Herrn Öcalans Erklärung deckungsgleich mit der bisher von der HDP verfolgten Politik. Herr Öcalan besteht ebenso wie die HDP auf der Form der demokratischen Politik und schlägt vor, die Lösung der politischen und gesellschaftlichen Probleme der Türkei nicht auf ein temporäres Ereignis wie die Wahlen in Istanbul zu reduzieren.

Es wird keine Änderung der Wahlstrategie und Taktik geben

Die HDP ist entschlossen ihre Politik des dritten Wegs gegenüber den beiden historischen Blöcken weiterzuverfolgen. Von einer Änderung der Wahlstrategie und -taktik der HDP in Istanbul kann daher keine Rede sein.“