Pervin Buldan und Mithat Sancar, Ko-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), wollen Selahattin Demirtaş im Hochsicherheitsgefängnis Edirne besuchen. Wie die Pressestelle der HDP mitteilt, wollen sich die Parteivorsitzenden mit ihrem Vorgänger über die politischen Entwicklungen austauschen und dabei die HDP und die Türkei betreffende kritische Themen ansprechen. Dazu gehört auch die Planung der Partei für die kommende Zeit.
Nach dem Besuch werden Buldan und Sancar eine Erklärung vor dem Gefängnis abgeben.
Seit vier Jahren als politische Geisel im Gefängnis
Selahattin Demirtaş ist seit knapp vier Jahren im Gefängnis. Der damalige HDP-Vorsitzende wurde am 4. November 2016 zeitgleich mit zahlreichen weiteren kurdischen und linken Politiker*innen festgenommen und anschließend inhaftiert. Vor einem Jahr wurden die Haftbefehle gegen Demirtaş und die Ko-Vorsitzende Figen Yüksekdağ überraschend aufgehoben. Auf Betreiben des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wurde jedoch ein erneuter Haftbefehl erwirkt. Erdoğan erklärte dazu: „Wir können sie nicht freilassen. Die haben das Parlament infiltriert. Unsere Nation vergisst diejenigen nicht, die die Menschen auf die Straßen gerufen und unsere Söhne ermordet haben. Wir werden sie bis zum Letzten verfolgen und niemals ablassen.“
Im Juni hatte das türkische Verfassungsgericht einer Klage von Demirtaş wegen der Verletzung seiner persönlichen Freiheit durch die Untersuchungshaft stattgegeben. Das Gericht gab Demirtaş Recht und urteilte, dass die Untersuchungshaftdauer den „angemessenen Zeitraum“ überschritten habe und damit Artikel 19 der türkischen Verfassung verletze. Das Justizministerium müsse ihm zudem 50.000 TL Entschädigung zahlen. Eine Entlassung aus dem Gefängnis blieb trotz des juristischen Erfolgs aus, da bereits eine neue Haftentscheidung gegen den kurdischen Politiker vorlag.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte bereits im November 2018 entschieden, dass die Untersuchungshaft von Demirtaş unrechtmäßig ist. Auch dieses Urteil wurde durch eine Ad-hoc-Verurteilung in einem der zahllosen Strafverfahren gegen den kurdischen Politiker unterlaufen.