Der Istanbuler Gouverneur Ali Yerlikaya hat die Sicherheitsvorkehrungen vor dem ersten Freitagsgebet in der Hagia Sophia bekannt gegeben. „Die Moschee Ayasofia öffnet, wir sind aufgeregt“, teilt Yerlikaya über Twitter mit. Mitzubringen seien „Maske, Gebetsteppich, Geduld und Verständnis“. Warum Geduld gefragt ist, zeigt der Maßnahmenkatalog, der Besucherinnen und Besucher des Freitagsgebets und die Istanbuler auf dem Weg durch die Altstadt erwartet.
Demnach gibt es für nicht von der Religionsbehörde Diyanet geladene Gäste fünf Bereiche unter freiem Himmel um das bisher als Museum genutzte Gotteshaus herum: Drei für Männer, zwei für Frauen. Um diese zu erreichen, müssen die Besucher eine der elf Kontrollstellen passieren, an denen sie von der Polizei durchsucht werden. Um die Kontrollen zu beschleunigen, wird darum gebeten, keine Handtaschen und Rucksäcke mitzubringen.
Aufgrund der Corona-Pandemie werden in den offenen Bereichen Reihen markiert, auf denen die Gläubigen beten sollen. An den Kontrollpunkten wird außerdem Fieber gemessen und es muss ein Mund-Nasen-Schutz vorgezeigt werden.
Auf dem Gelände werden 17 Gesundheitsstationen mit 736 Mitarbeiter*innen aufgebaut, ein Rettungshubschrauber und 101 Krankenwagen werden bereitgestellt.
Ab Donnerstag werden sämtliche Zufahrtsstraßen zu der historischen Halbinsel gesperrt, darunter auch die Galata-Brücke. Die Straßenbahn bleibt zwischen Beyazit und Eminönü bis Montagmorgen gesperrt.
Hagia Sophia: Der letzte Trumpf in Erdogans Tasche
Die Umwandlung der Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) von einem Museum in eine Moschee hat weltweit für Entsetzen gesorgt und gilt als einer der letzten Trümpfe, die der türkische Staatschef Tayyip Erdogan noch in der Tasche hat. Das Gebäude wurde im Jahr 537 als Reichskirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs Byzanz geweiht und galt 900 Jahre lang als wichtigste Kirche des Christentums. Nach der Eroberung Konstantinopels (das heutige Istanbul) durch die Osmanen 1453 wurde das Gebäude unter Sultan Mehmet II. in ein muslimisches Gotteshaus umgewandelt. Der türkische Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk betrieb die Umwandlung der Moschee in ein Museum, die letztlich der Ministerrat im Jahr 1934 beschloss. Genau diese Entscheidung annullierte das Gericht und hielt in seiner Entscheidung fest, dass die Errichtungsurkunde von 1453 das Gebäude als Moschee gewidmet habe. Eine Verwendung außerhalb dieses Charakters sei rechtlich nicht möglich: „Die Kabinettsentscheidung von 1934, mit der die Nutzung als Moschee beendet und die Hagia Sophia als Museum definiert wurde, entsprach deshalb nicht den Gesetzen.“
Entscheidung trotz Weltkulturerbestatus
Die Hagia Sophia steht im Bezirk Eminönü auf der europäischen Seite der Millionenmetropole Istanbul und gehört zum Unesco-Welterbe. Die UN-Kulturorganisation hatte die Türkei zuvor vor der eigenmächtigen Umwandlung gewarnt und vor der Entscheidung zum Dialog aufgerufen. Ein Staat dürfe „keine Veränderung an dem herausragenden universellen Wert” eines Welterbe-Monuments vornehmen. Mit diesem Titel seien „eine Reihe von Zusagen und rechtlichen Verpflichtungen verbunden”.