Am siebten Tag ihres Hungerstreiks hat Leyla Güven in einem Brief an die Bewegung Freier Frauen (Tevgera Jinên Azad, TJA) deutlich gemacht, dass sie ihre Aktion fortsetzen wird, bis die Totalisolation Abdullah Öcalans aufgehoben wird und ein Besuch bei ihm auf der Gefängnisinsel Imrali gestattet wird.
Abdullah Öcalan, unverzichtbarer Akteur bei der Lösung der kurdischen Frage
In dem Brief macht Güven klar, dass die kurdische Bevölkerung sich in ihrer Geschichte stets gegen die Vernichtungs- und Verleugnungspolitik zur Wehr setzen konnte, und fährt wie folgt fort:
„Deshalb ist die kurdische Frage sowohl aus historischer als auch aus tagesaktueller Perspektive das schwerwiegendste und tiefgreifendste Problem der Türkei. Die von Zeit zu Zeit initiierten Lösungsvorstöße für die kurdische Frage sind stets aufgrund von hegemonialer und monistischer Machtpolitik ins Leere gelaufen. Zuletzt hatte Abdullah Öcalan mit seiner Botschaft zum Newrozfest 2013 eine neue Initiative für die Lösung der kurdischen Frage in die Wege geleitet. Er hat auf die Geschwisterlichkeit der Völker verwiesen und deutlich gemacht, dass eine Lösung auf Grundlage der Eigendynamik der Türkei möglich ist. Während der Lösungsphase ist Öcalan seiner Verantwortung stets gerecht geworden und hat dadurch unter Beweis gestellt, dass er für eine nachhaltige Lösung dieser Frage ein unverzichtbarer Akteur ist.
Doch aufgrund der Kriegspolitik der AKP wurde der Lösungsprozess an der Schwelle zu den tatsächlichen Verhandlungen aufgekündigt und unser Land erneut in den Krieg und in die Zerstörung getrieben. Die AKP hat mit der Absetzung der Bürgermeister*innen und der Festnahme der Vertreter*innen des Volkes das Problem in noch tiefere Abgründe getrieben. Heute weiß jeder, dass Herr Öcalan ein wichtiger Akteur für all die gesellschaftlichen Probleme der Türkei darstellt. Doch seit 2015 werden weder Besuche seiner Angehörigen noch seiner Anwälte bei ihm gestattet. Er befindet sich unter schweren Isolationshaftbedingungen, doch er verfügt über eine Mission, die für Frieden in der Gesellschaft der Türkei sorgen kann. Um seiner Mission gerecht zu werden, müssen allerdings die auf nationaler und internationaler Rechtsebene gegebenen Bedingungen geschaffen werden.
Aus diesem Grund habe ich mich aus freiem Willen dazu entschlossen, solange in einen unbegrenzten Hungerstreik zu treten, bis ein Besuch bei Herrn Öcalan ermöglicht wird.“