Grünen-Büro in Hannover besetzt

Aktivist:innen von „Women Defend Rojava" und „Defend Kurdistan" haben das Büro des Kreisverbandes der Grünen in Hannover besetzt. Sie fordern den sofortigen Stopp jeglicher wirtschaftlicher und politischer Unterstützung des AKP/MHP-Regimes.

Am Freitagmorgen haben Aktivist:innen der Kampagnen „Women Defend Rojava" und „Defend Kurdistan" das Büro des Kreisverbandes der Grünen in Hannover besetzt. Mit der Aktion wollen sie Druck auf die Partei ausüben und gegen das Schweigen zum Angriffskrieg der Türkei in der Kurdistan-Region Irak (KRI) sowie in Nord- und Ostsyrien protestieren.


Warum diese Besetzung heute stattfindet, sagt Andrea Zielinsky, eine der Aktivist:innen: „Inzwischen vergeht kaum mehr ein Tag, an dem wir nicht von Bombardierungen auf zivile Siedlungsgebiete, Drohnenangriffe auf Repräsentant:innen der Selbstverwaltung in Nordostsyrien, Menschenrechtsverletzungen in den 2018 und 2019 besetzten Gebieten um Efrîn und Serêkaniyê oder Giftgaseinsätzen in Südkurdistan/Nordirak hören. Doch von der aktuellen Bundesregierung gibt es, anders als beim ebenfalls zu verurteilenden Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, keine Stellungsnahmen. Stattdessen wird weggeschaut und weiterhin wirtschaftlich und politisch mit dem Erdoğan-Regime zusammengearbeitet. Wir sind hier, um das Schweigen zu brechen!"

Noch 2019 warnte der damalige außenpolitische Sprecher der Grünen und heutige Parteivorsitzende Omid Nouripour in einem Gastbeitrag im Focus: „Erdoğans Krieg ist nicht nur humanitär und völkerrechtlich verheerend. Er wird nicht nur neue Fluchtbewegungen initiieren und die NATO an den Rand einer Identitätskrise führen. Erdoğan spielt auch mutwillig mit unser aller Sicherheit. Und das jahrelange ohrenbetäubende Schweigen der Bundesregierung seinen zahlreichen Grenzübertritten gegenüber rächt sich nun. Die Türkei-Politik der Groko ist gescheitert. Mit verheerenden Konsequenzen."

„Die Aussage Nouripours ist heute genauso richtig wie damals, nur dass ‚Groko‘ nun durch ‚Ampel‘ ersetzt werden muss“, betont Andrea Zielinsky. „Das deutsche Außenministerium ist jetzt durch die Grünen besetzt und was wir sehen, ist, dass die deutsch-türkischen Beziehungen trotz Erdoğans Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vertieft werden. Das Schweigen der Grünen drückt eine Unterstützung der aktuellen Angriffe auf Kurdistan aus.“ Weiter sagt sie: „Der türkische Staat erpresst seit Jahren erfolgreich die deutsche Außenpolitik. Wir sehen uns dazu gezwungen, diese Besetzung einzugehen, um Gehör zu finden. Die konstanten Angriffe auf jegliche Opposition in der Türkei, die täglichen extralegalen Hinrichtungen durch Drohnen, der Einsatz von verbotenen Waffen wie Giftgas und dazu das Schweigen der Bundesregierung, vor allem der Grünen, die sich früher noch als Friedenspartei begriffen, muss beendet werden.“

Die Aktivist:innen erklären, dass sie die Besetzung so lange aufrecht erhalten wollen, bis sie ein Gespräch mit den MdBs der Region bekommen, um über die aktuelle Lage in Kurdistan und Maßnahmen für Frieden und die Achtung der Menschenrechte in der Region zu sprechen. Lina Ebert, Teil von „Defend Kurdistan", sagt dazu: „Forderungen haben wir einige. Zum einen fordern wir, dass eine den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei in Kurdistan verurteilende Resolution nach Krefelder Vorbild im Stadtrat eingebracht wird. Zweitens fordern wir die sofortige Einrichtung einer Flugverbotszone über Nordostsyrien. Drittens fordern wir, dass eine unabhängige Delegation in das Kriegsgebiet in Südkurdistan/Nordirak reist, um dort Proben zu entnehmen, um den Einsatz von chemischen Kampfstoffen seitens des türkischen Staates zu untersuchen. Wir fordern den sofortigen Stopp jeglicher wirtschaftlicher und politischer Unterstützung des AKP/MHP-Regimes unter Erdoğan, sowie aller Lieferungen von Waffen und sonstiger Rüstungsgüter an die Türkei."

Ihren offensiven friedlichen Protest kommentiert Lina Ebert abschließend: „Der Krieg in Kurdistan muss durch Friedensgespräche beendet werden, und dazu müssen die Grünen beitragen. Wir sind hier in der Parteizentrale zu friedlichen Gesprächen bereit.“