Während die Türkei von der EU Milliarden kassiert, um Schutzsuchende zu versorgen, kämpfen diese ums Überleben. Da die Schutzsuchenden praktisch keine Unterstützung erhalten und ihre Abschiebung nach Syrien befürchten müssen, sind sie, wenn sie überhaupt ein Auskommen finden, gezwungen, im informellen Sektor in der saisonalen Landarbeit tätig zu sein. Dabei sind Kinder ebenso wie Erwachsene Opfer der brutalen Ausbeutung. Als Billigstarbeitskräfte sind sie rassistischen Angriffen ausgesetzt und müssen zu Wuchermieten in Ruinen oder Zelten leben. Dafür erhält Europa billige Haselnüsse oder Kirschen und andere Produkte aus der Türkei.
Durch die Corona-Pandemie haben sich die Bedingungen weiter verschärft und viele fürchten, nicht einmal mehr ihren Hungerlohn zu erhalten. Die Nachrichtenagentur Mezopotamya sprach mit Saisonarbeiter*innen aus Kobanê über ihre Probleme in Manisa.
Firyal Berkel war 2014 vor den Angriffen des sogenannten Isalamischen Staat (IS) zusammen mit ihrem Mann und vier Kindern geflohen. Zunächst hielt sie sich in Riha (türk. Urfa), dann in Mersin und anschließend in Adana auf. Seit sechs Jahren führt die Familie ein Leben ohne festen Wohnsitz. Firyal Berkel erzählt: „Wir arbeiten, egal ob Sommer oder Winter. Wenn wir nicht arbeiten, dann können wir uns nicht versorgen und uns nicht um unsere Kinder kümmern. Die Frauen arbeiten sowohl im Haushalt als auch auf dem Feld. Am meisten leiden wir unter der Situation.
Acht Euro Lohn am Tag
Wir fangen um sechs Uhr morgens an und hören um 17 Uhr auf. Dafür erhalten wir täglich 75 Türkische Lira (TL). Das Geld reicht für uns nicht. Ich arbeite zusammen mit meinen beiden Kindern. Wir ernten Orangen, Zitronen und Granatäpfel. Es ist schwer, in der Stadt zu überleben und unsere Miete wird ständig erhöht. Wir wollen nur noch zurück.“ Die Lebenshaltungskosten in der Türkei steigen rapide durch die Inflation und sind in Teilen schon höher als in europäischen Staaten. 75 TL Tageslohn entsprechen etwa acht Euro.
In einem Jahr 80 Cent Tageslohnerhöhung
Muhammed Berkel (43), Vater von fünf Kindern, stammt ebenfalls aus Kobanê. Er berichtet: „Ich habe eine Wohnung in Mersin gemietet und wohne dort. Im vergangenen Jahr betrug unser Tageslohn 65 TL, dieses Jahr beträgt er 75 TL. Ich arbeite mit zwei meiner Söhne zusammen. Wir wollen nach Hause zurückkehren. Hunger im eigenen Land ist würdevoller als Sattsein in der Fremde. Es gibt keinen Schatten und wir sind den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt. Die Toilette und das Bad in unserer Wohnung haben wir gebaut. Wir werden bis zum Ende der Saison auf dem Feld arbeiten. Dann gehen wir nach Mersin zurück.“
„Wenn wir nicht arbeiten, hungern wir“
Fadil Berkel (47) aus Kobanê sagt: „Wir müssen arbeiten. Wenn wir heute nicht arbeiten, leiden wir morgen Hunger. Wir leben in Zelten. Ich kaufe mir alle zwei Tage von meinem Geld einen Handschuh. Der kostet 10 TL. Wir können ihn nur zwei Tage benutzen. Alles ist sehr teuer. Es gibt nichts günstiges hier.“