Gericht: Corona-Abstandregel gilt auch in Asylunterkunft

Die Corona-Abstandsregeln gelten auch in Flüchtlingsunterkünften. Das hat das Verwaltungsgericht Leipzig am Mittwoch entschieden. Die Landesdirektion Sachsen will gegen den Beschluss vorgehen.

Die Abstandsregeln zur Eindämmung des Coronavirus gelten auch in Flüchtlingsunterkünften. Das hat das Verwaltungsgericht Leipzig am Mittwoch entschieden und damit einem Eilantrag eines Asylbewerbers stattgegeben.

Der Mann hatte laut Gericht argumentiert, er könne die in der sächsischen Corona-Verordnung geforderten Abstandsregeln von 1,50 Metern zwischen zwei Personen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Dölzig (Landkreis Nordsachsen) nicht einhalten. Er sei zusammen mit einer weiteren Person in einem vier Quadratmeter großen Raum untergebracht und müsse sich Küche und sanitäre Einrichtungen mit 50 weiteren Menschen teilen.

Antragsteller gehört zu Corona-Risikogruppe

Laut dem Gerichtsbeschluss kann die für die Unterkünfte zuständige sächsische Landesdirektion den Antragsteller nicht weiter dazu verpflichten, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die Ausbreitung der durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 müsse gerade auch in Unterkünften für Asylbewerber zwingend verhindert werden. Bewohner müssten daher die Möglichkeit haben, die Abstandsregeln zwischen zwei Personen einzuhalten. Laut Gericht gehört der Mann zudem zu einer Altersgruppe, in der eine Covid-19-Erkrankung „eine Lungenentzündung sowohl mit Krankenhausaufenthalt und auch kritischem Verlauf nach sich ziehen könne“. Der Betroffene muss nun eine der sächsischen Kommunen verlegt werden.

Landesdirektion will gegen Beschluss vorgehen

Die Landesdirektion Sachsen will gegen den unanfechtbaren Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig zu den Abstandsregeln in Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber vorgehen. „Weil das Gericht die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen hat, suchen wir nun nach einem anderen rechtlichen Weg”, sagte der Sprecher der Landesdirektion Sachsen, Holm Felber, dem MDR am Donnerstag.

Linke fordert dezentrale Unterbringung von Geflüchteten

Die Linksfraktion im Sächsischen Landtag hatte den Gerichtsbeschluss am Mittwoch begrüßt. Die Pflicht, in Erstaufnahmen zu leben, sei derzeit ein Gesundheitsrisiko, erklärte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, Juliane Nagel. Man fordere die Staatsregierung daher auf, die aktuell rund 2.000 Menschen in den Erstaufnahmen „kommunal und dezentral unterzubringen”. In den Kommunen stünden Tausende Plätze in Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünften frei, sagte Nagel.

Flüchtlingsrat: Bahnbrechender Beschluss

Der sächsische Flüchtlingsrat sprach von einem bahnbrechenden Beschluss, der das Selbstverständliche bestätigte. „In Sachsen leben etwa 2.000 Menschen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Dieser Beschluss heißt nichts anderes, als dass das Land nun umgehend die Massenunterkünfte auflösen muss! Spannend wird zu sehen, wie die Landkreise und kreisfreien Städte nun mit den etwa 5.000 Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften verfahren werden“ erklärte der Verein.

Titelfoto: InfoBus Leipzig