Gegen den türkischen Angriffskrieg auf die Straßen!
Die Türkei bombardiert erneut das ezidische Siedlungsgebiet Şengal in Südkurdistan. Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. ruft zu Protesten auf.
Die Türkei bombardiert erneut das ezidische Siedlungsgebiet Şengal in Südkurdistan. Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. ruft zu Protesten auf.
Der türkische Staat hat in der vergangenen Nacht eine Großoffensive auf Südkurdistan gestartet. Kampfflugzeuge haben zeitgleich das ezidische Siedlungsgebiet Şengal (Sinjar), das Flüchtlingslager Mexmûr und Guerillagebiete in den Qendîl-Bergen bombardiert. Der in Löhne ansässige Dachverband des Ezidischen Frauenrats e.V. ruft zu Protesten auf und stellt Forderungen an die internationale Gemeinschaft:
In der Nacht auf den 15. Juni bombardierte die türkische Luftwaffe mit mindestens 50 Kampfflugzeugen erneut die ezidische Bevölkerung in Sinjar und parallel das Flüchtlingslager in Maxmur im Nordirak. Laut örtlichen Angaben wurde das Krankenhaus in Serdest im Gebirge Sinjar, wo mehrere Zehntausende Zivilist*innen leben, bombardiert. Ebenso wurde Geliye Silo, der Ort an dem Zekî Sengalî (Mam Zekî), Mitglied der ezidischen Koordination Şengal, am 15. August 2018 durch einen gezielten Anschlag des türkischen Staates ums Leben kam, erneut bombardiert. Kurze Zeit später wurde die Stadt Khanesor und das Dorf Barê auch bombardiert. Noch liegen keine Informationen vor, wie viele Menschen bei den Angriffen verletzt oder getötet wurden.
Die ezidische Gemeinschaft überlebte die genozidalen Angriffe des Islamischen Staates (IS) im Jahr 2014, wird jedoch seit 2017 wiederholt von der Türkei angegriffen, darunter die türkische Invasion in Afrin im Jahr 2018, die u.a. zur ethnischen Säuberung der ezidischen Dörfer führte. Weitere Angriffe seitens der Türkei fanden im Oktober 2019 auf Tel Abyad sowie im November 2019 und Januar 2020 in Digure/Sinjar statt, wo zuletzt vier Menschen, darunter der Kommandeur der ezidischen Selbstverteidigungseinheiten Sinjar (YBS), Zerdest Singali, gezielt getötet wurde.
Der noch andauernde 74. Genozid und Femizid hat die Vernichtung der ezidischen Identität zum Ziel. Die Existenz und Freiheit der Ezid*innen ist ein Dorn im Auge Erdogans. Hunderte Familien, vor allem aus Südkurdistan/Nordirak, sind in den letzten Jahren nach Sinjar zurückgekehrt. Zuletzt haben sich vor drei Tagen 50 Familien aus einem Lager in Südkurdistan/Nordirak auf den Weg nach Sinjar gemacht, wurden jedoch von Peschmerga-Kräften der südkurdischen Regierungspartei KRG aufgehalten. Es ist somit kein Zufall, dass der völkerrechtswidrige Angriff zeitgleich während der Rückkehr hunderter Ezid*innen nach Sinjar gegen die Zivilbevölkerung stattgefunden hat.
Als Dachverband des Ezidischen Frauenrates e.V. hatten wir gemeinsam mit anderen ezidischen Institutionen und Persönlichkeiten sowohl in Deutschland als auch vor Ort in Sinjar wiederholt auf die Gefahr hingewiesen, dass insbesondere der türkische Staat mit seinen dschihadistischen Milizen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Zivilbevölkerung in Sengal, im Flüchtlingslager Maxmur und der Demokratischen Föderation in Nord-und Ostsyrien führt. Weder die Bundesregierung Deutschland noch die EU zeigten eine klare Haltung gegen den NATO-Partner Türkei und dessen völkerrechtswidrige Angriffe. Weiterhin wird die Politik des Drei-Affen-Prinzips „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ betrieben.
Selbstbestimmung als Antwort auf Krieg und Gewalt
Wir alle hier leben gemeinsam in einer Welt. Diese Welt sollten wir auch alle gemeinsam gestalten können, so dass Menschenrechtsverletzungen, Genozide, Femizide nie wieder geschehen. Denn wir alle sind verantwortlich für die Welt, die wir der nachfolgenden Generation hinterlassen. Hier und jetzt, mit Blick auf die Zukunft, sollten wir alle handeln. Lassen wir uns als Menschen nicht teilen in arm und reich, in wir hier und die dort. Lasst uns gemeinsam, generations- und herkunftübergreifend gegen die Globalisierung des Krieges aufstehen und für den Frieden auf unserer Welt eintreten!
Wir fordern: • Strafrechtliche Verfolgung der Täter, Anstifter, Beihelfer und Unterstützer des Genozids/Femizids, national und international, insbesondere der Türkei und des IS! • Die Einrichtung einer flugfreien Zone über Sinjar und Maxmur und ganz Kurdistan! • Sofortige Beendigung des Femizids und Genozids in Sinjar und weltweit! • Sofortiger Stopp aller Waffenlieferungen an die Türkei und andere kriegsführende Kräfte!