In Bonn hat heute der traditionelle „lange Marsch“ der kurdischen Jugendbewegung begonnen, mit dem Freiheit für Abdullah Öcalan gefordert wird. Die Demonstration ist für fünf Tage geplant, die erste Station in Troisdorf. Knapp hundert kurdische und internationalistische Menschen laufen mit Fahnen der YPG/YPJ und Bildern von Gefallenen aus der kurdischen Befreiungsbewegung.
Die Polizei war bereits beim Auftakt auf dem Friedensplatz in Bonn mit einem Großaufgebot vertreten und sprach zahlreiche Verbote aus. Nicht nur Symbole wurden kriminalisiert, auch gegen Parolen wurde interveniert. Ebenso wurden Absagen von Stellen erteilt, an denen die Aktivistinnen und Aktivisten eine Pause einlegen und essen wollten.
Trotz der polizeilichen Behinderung ist die Stimmung auf der Demonstration gut. Von Troisdorf geht es morgen weiter nach Köln. Über Leverkusen und Düsseldorf soll der Demonstrationszug am 13. September Mönchengladbach erreichen. An den Abenden wird es in den jeweiligen Städten verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte, Podiumsdiskussionen und Seminare zu Themen wie Demokratischer Konföderalismus, Jineolojî, Internationalismus und universaler Demokratie geben.
Das Ziel des langen Marsches
Das Hauptziel des langen Marsches ist es, die Aufmerksamkeit auf die Situation in Kurdistan und auf die des PKK-Gründers Abdullah Öcalans zu lenken. Der Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung, der seit Februar 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali im Marmarameer inhaftiert ist, wird von Kurdinnen und Kurden als ihr politischer Repräsentant angesehen. Er wendet sich gegen Separatismus und bietet eine zeitgenössische und demokratische Gesellschaftsalternative zu bestehenden reaktionären, antidemokratischen Mentalitäten und Herrschaftsformen an - nicht nur für das kurdische Volk, sondern für den gesamten Mittleren Osten. Seine Lösungsperspektive eines demokratischen Mittleren Ostens mit gleichberechtigten Völkern wird bereits vorgelebt: In Rojava (Nordsyrien). Die Jugendlichen fordern mit ihrem Marsch die Aufhebung der Isolationshaft auf Imrali, die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen und Bedingungen für Öcalan, in denen er frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage beizutragen.
AKP erteilt Absage auf Friedensangebote
Seit vielen Jahren bereits versucht Abdullah Öcalan, günstigere Bedingungen für eine friedliche, politische Lösung des Konflikts herbeizuführen. Jahrelang führte er mit der türkischen Regierung Gespräche über eine Lösung. 2009 legte er seine „Roadmap für den Frieden” vor. 2013 stoppte sein Aufruf zum Rückzug der Guerilla effektiv den bewaffneten Konflikt in der Türkei. Immer wieder ist er die Stimme des Friedens und der Vernunft.
Die 2013 begonnenen Friedensgespräche zwischen der AKP-Regierung und der PKK brach der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Sommer 2015 abrupt ab und ging wieder zu Gewalt gegen die kurdische Bevölkerung über. Öcalans letztem Friedensangebot und seiner Bereitschaft, „für die Lösung der kurdischen Frage seiner Verantwortung und Rolle gerecht zu werden“, erteilte der türkische Staat mit der Absetzung dreier kurdischer Bürgermeister*innen in HDP-geführten Kommunalverwaltungen ebenfalls eine Absage.