Frankfurt: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Beim diesjährigen Antikriegstag in Frankfurt hat der Deutschland-Vertreter der nordostsyrischen Autonomieverwaltung Khaled Davrisch die Verurteilung und Sanktionierung der türkischen Kriegsverbrechen durch die internationale Gemeinschaft gefordert.

Seit über 60 Jahren begeht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den 1. September als Antikriegstag, denn 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen. In diesem Jahr hat die Dachorganisation der Gewerkschaften den Antikriegstag mit dem Motto „Nie wieder Krieg! In die Zukunft investieren statt aufrüsten!“ versehen. In Frankfurt nahmen über 500 Menschen an einer Demonstration teil. Der Deutschland-Vertreter der nordostsyrischen Autonomieverwaltung, Khaled Davrisch, war verhindert und sandte eine Botschaft.

Die Antikriegstags-Aktion in der Main-Metropole begann am späten Nachmittag mit einer Auftaktkundgebung am Opferdenkmal in der Gallusanlage. Anschließend wurde durch die Innenstadt über den Mainkai zur Friedensbrücke demonstriert. Auf der Ostseite der Friedensbrücke gab es ein kurzes Verweilen mit einer Performance des Frankfurter Schultheaterstudios. Die Abschlussveranstaltung fand am Brückenpfeiler unter der Friedensbrücke statt, wo ein Graffiti an die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau erinnert.

Es sprachen der Frankfurter DGB-Vorsitzender Philipp Jacks, Stadtrat Mike Josef, Stadtschulsprecher Paul Harder, eine Vertreterin des Mesopotamischen Kulturzentrums Frankfurt und Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Partei DIE LINKE im Hessischen Landtag. In allen Redebeiträgen wurden Militarismus, Nationalismus und Rassismus kritisiert, sowie der Rüstungswettlauf und Waffenexporte wie die an die Türkei. Das Frankfurter Schultheaterstudio trat mit einer Performance auf.

In der verlesenen Rede von Khaled Davrisch dankte der Vertreter der nordostsyrischen Autonomieverwaltung der deutschen Friedensbewegung für ihr Engagement gegen Kriege und Rüstungsexporte in Kriegsgebiete: „Die Menschen, die im Gebiet der Selbstverwaltung leben, haben viele Jahre des Krieges hinter sich. Es hat uns große Opfer gekostet, uns vom IS zu befreien, um einen Ort zu schaffen, der für Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und vor allem Frieden steht. Mehr als 11.000 Verteidigungskräfte haben ihr Leben dafür gegeben“, hieß es weiter. Davrisch unterstrich, dass die Region weiterhin unter militärischen Angriffen leidet, vor allem von der Türkei. „Trotz dieser Bedrohung und einem umfassenden Embargo bauen wir das Land wieder auf und arbeiten an einer Gesellschaft, in der alle Bevölkerungsgruppen unabhängig von Geschlecht, Ethnie oder Religion friedlich miteinander leben können.“

Stellen keine Bedrohung für Türkei dar

Aber dieser Frieden missfalle einigen in der Region, allen voran der Türkei, die in ihrem „Vernichtungswillen im Bündnis mit dschihadistischen Banden“ einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Nord- und Ostsyrien führt - „obwohl von uns weder ein Angriff noch eine Bedrohung ausgeht“, so Davrisch. „Beim Einmarsch in Efrîn 2018 und Nordostsyrien 2019 griff uns die Türkei mit deutschen Waffen an und tut dies noch immer.“

Enttäuschend sei, dass die Bundesregierung zwar einräume, dass die Türkei sich völkerrechtswidrig verhalte, aber keine Konsequenzen daraus ziehe. Anders als behauptet, gebe es keinen Lieferstopp von Waffen an die Türkei und die Bevölkerung zahle dafür mit Menschenleben.

Kappung der Wasserzufuhr: Unmittelbaren Angriff auf die Gesundheit

„Die Bevölkerung in Nord- und Ostsyriens wird von der Türkei und ihren dschihadistischen Söldnern aber auch mit anderen Mittel bekriegt. Neben Vergewaltigungen, Vertreibungen, Selbstmordattentaten und gezielten Tötungen unserer Politikerinnen und Politiker, greift die Türkei auch auf ein Mittel zurück, das in Zeiten der bedrohlichen Corona-Pandemie und einer Hitzewelle einen unmittelbaren Angriff auf die Gesundheit und das Leben der Menschen darstellt, nämlich die Kappung der Wasserversorgung“, führte Davrisch weiter aus und erinnerte daran, dass das Wasserwerk Allouk (Elok) südlich von Serêkaniyê (Ras al-Ain) unter türkisch-dschihadistischer Kontrolle steht und regelmäßig abgestellt wird. „Was bedeutet, dass fast eine Million Menschen kein Wasser mehr zu Verfügung haben. Darunter auch Binnenvertriebene mehrerer Flüchtlingslager.“ Davrisch formulierte eine Reihe von Forderungen der nordostsyrischen Autonomieverwaltung, die großen Zuspruch der Demonstrierenden erhielten:

*Rückzug der Türkei aus unseren Gebieten

*Verurteilung und Sanktionierung der türkischen Kriegsverbrechen durch die internationale Gemeinschaft

*Schutzgarantie der Vereinten Nationen für die demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien gegen drohende Angriffe von jeglicher Seite

* Anerkennung der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien durch Damaskus als autonome Region im zukünftig vereinten demokratisch-dezentralisierten Syrien

Gemeinsamer Kampf für eine demokratische, ökologische, und gerechte Welt

Abschließend rief Davrisch zu einem gemeinsamen Kampf für die Friedensbemühungen zwischen den Völkern auf – „damit eine demokratische, ökologische, und gerechte Welt ohne Diskriminierung der Geschlechter möglich ist. Und für einen Ort, der es den Menschen ermöglicht sich politisch, ökonomisch und kulturell selbst zu bestimmen. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“

* In einer früheren Version des Artikels hieß es, Khaled Davrisch habe auf der Demonstration persönlich gesprochen. Tatsächlich war er verhindert, daher wurde seine Rede verlesen.