Vor zwei Tagen wurde in Istanbul ein Brandanschlag auf die armenische Patriarchatskirche Surp Asdvadzadzin (auch Mariä-Geburts-Kirche, armenisch Ծնունդ Սուրբ Աստուածածնի Եկեղեցի) verübt. Der mutmaßliche Täter M.K. hatte am Freitag früh morgens die Kirchentür angezündet und war danach geflüchtet. Der Brand konnte gelöscht werden, bevor noch größerer Schaden angerichtet wurde.
Die Identität des Brandstifters ermittelte die Polizei noch am selben Tag anhand von Bildern aus Überwachungskameras. Laut Sicherheitskräften und Medienberichten zufolge begründete M.K. die Tat bei seiner Festnahme mit den Worten: „Die Armenier sind für das Coronavirus verantwortlich.“
Die Diskursanalyse regierungsnaher Stimmen ergab zwischenzeitlich, dass der rassistisch motivierte Anschlag auf die vom armenischen Architekten Ohannes Dadyan im Jahr 1844 erbaute Kirche im Stadtteil Bakirköy als Tat eines „verwirrten Einzeltäters“ verharmlost werden soll. Die Initiative Nor Zartonk (deut. „Neues Erwachen“) ist empört darüber, dass offenbar erneut keine angemessene Tataufarbeitung nach einem Hassverbrechen konstatiert wird. „Rassismus ist keine Krankheit. Nach jedem Angriff auf unterdrückte Minderheiten in der Türkei wird postwendend mit der These des verwirrten Einzeltäters argumentiert“, heißt es in einer Stellungnahme.
Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass rassistische Hassverbrechen mit der Einzeltäter-These gerechtfertigt, verharmlost und bagatellisiert werden, kritisiert Nor Zartonk. Die Türkei müsse sich endlich von ihrer Politik der Straflosigkeit verabschieden und dürfte den ideologischen Kontext, derer sich Täter offenkundig bedienten, nicht länger ausblenden. „Denn jede Tat, die ungesühnt bleibt, fördert neue Hassverbrechen.“ Die Initiative fordert eine angemessene Bestrafung für den Verantwortlichen des Anschlags auf die Kirche in Bakirköy, aber auch die Ahndung aller anderen Täter, die aus purem Hass heraus Angriffe auf Minderheiten verüben.