Einschließlich des Ko-Vorsitzenden befinden sich neun Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Haft, weil sie ihrem verfassungsmäßigen Recht der freien Meinungsäußerung nachgingen. Unter dem Vorwurf der „Terrorpropaganda” im Zusammenhang mit Reden und Kommentaren auf politischen Veranstaltungen sitzen sie in Untersuchungshaft.

Der jüngste Untersuchungsbericht gegen die HDP-Abgeordnete Meral Danış Beştaş zeigt das Ausmaß der Absurdität dieser Ermittlungen.

Die Teilnahme der Abgeordneten an einer Veranstaltung der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) im November in der nordkurdischen Stadt Amed im Stadtbezirk Peyas (Kayapınar) als Straftat zu bewerten, schien der Staatsanwaltschaft offenbar nicht auszureichen. Beştaş wird außerdem vorgeworfen, die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterstützen, weil sie Fotos des inhaftierten HDP-Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş, der ehemaligen Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ sowie der HDP-Abgeordneten Nursel Aydoğan, İdris Baluken, Ferhat Encü, Selma Irmak, Abdullah Zeydan und Gülser Yıldırım auf Twitter teilte.

Die Anklageschrift ist unterzeichnet von Staatsanwalt Kurça Eker, der bis vergangenen Juli den Posten des stellvertretenden Oberstaatsanwalts von Diyarbakır bekleidete. Eker wurde bekannt als der Staatsanwalt, der für Verfahren gegen die HDP-Abgeordneten zuständig ist.

Wie üblich bei Kurça Eker, geht er in der Einleitung der Anklageschrift auf die Geschichte und Mission der PKK ein und verweist anschließend in Bezug auf das Foto, das Beştaş über ihren Twitter-Account teilte, auf das Delikt der „Verbreitung von PKK-Propaganda".

In der Anklageschrift heißt es: „Durch das Teilen von Fotos der HDP-Abgeordneten, die wegen der Verbreitung von Propaganda der Terrororganisation PKK / KCK und Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation inhaftiert sind, versteht sich Beştaş als Unterstützerin dieser Straftaten. Da die Verdächtige immer noch als HDP-Abgeordnete der Stadt Adana dient, unterbreite ich dem türkischen Parlament gemäß Artikel 83 der Verfassung einen Untersuchungsbericht zum Zweck der Aufhebung der parlamentarischen Immunität zur Überprüfung."

Sollte die Generalversammlung des Parlaments dem Staatsanwalt die Zustimmung erteilen, wird sich Beştaş vor Gericht dafür verantworten müssen, Fotos ihrer Abgeordnetenkolleg*innen geteilt zu haben, die sich in Untersuchungshaft befinden und selbst noch nicht verurteilt worden sind.