Entzug von Freizügigkeitsrecht wegen Sympathie für PKK
Das von der Ausländerbehörde der Stadt Magdeburg angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen die Internationalistin María aus Spanien war eindeutig rechtswidrig. Das bestätigte das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt und lehnte einen Antrag auf Zulassung der Berufung ab, wie der Rechtshilfefonds AZADÎ in seinem neuen Infodienst mitteilt. Zuvor hatte bereits das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg das Vorgehen der Behörde beanstandet.
Zum Hintergrund: Die Spanierin war im Oktober 2021 vom Magdeburger Ausländeramt aufgefordert worden, Deutschland binnen 30 Tagen zu verlassen. Sie habe ihr Recht auf Freizügigkeit in der EU verloren, indem sie der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie der radikalen Linken nahestehe und ihre Aufenthalte in Deutschland für politisches Engagement nutze. Dadurch gefährde sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Sollte sie der Ausreiseaufforderung nicht nachkommen, würde man sie nach Spanien, dessen Staatsbürgerin María ist, abschieben. Ab der Ausreise bestünde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für 20 Jahre.
„Bindeglied“ zwischen der kurdischen Bewegung und der radikalen Linken?
María reiste daraufhin aus, um den angedrohten Zwangsmaßnahmen zuvorzukommen, wehrte sich aber im Folgenden mit rechtlichem Beistand gegen das Vorgehen der Behörden. Zunächst lehnte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalts allerdings einen Widerspruch gegen den Bescheid der Ausländerbehörde im April 2022 ab. Die anschließende Klage von María gegen die Stadt Magdeburg, deren Organ die Ausländerbehörde ist, richtete sich schließlich gegen die Feststellung der Behörde, María habe ihr Recht auf Freizügigkeit verloren. Die Stadt argumentierte als Beklagte mit Hilfe der Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt sowie des Landeskriminalamts, dass María in linke sowie Strukturen der PKK eingebunden sei. Sie sei mehrmals bei Versammlungen und Protesten vorläufig festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Sie spreche mehrere Sprachen und fungiere deswegen als „Bindeglied“ zwischen der kurdischen Bewegung und der radikalen Linken. Sie engagiere sich im Jinolojî-Komitee und es gäbe keine Anhaltspunkte für eine Abkehr von ihrem „sicherheitsgefährdendem Verhalten oder der PKK“. Sie nutze ihren Aufenthalt hingegen für politischen Aktivismus und gehe keiner Lohnarbeit nach. Daher gefährde sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit, während sie kein ausschlaggebendes Interesse, im Bundesgebiet zu verbleiben, geltend machen könne.
Erste Ohrfeige für Ausländeramt vom VG
Dieser Darstellung erteilte das Verwaltungsgericht Magdeburg bereits im Januar dieses Jahres eine deutliche Absage: Sollte die Betroffene tatsächlich mit der PKK sympathisieren, rechtfertigten ihre Handlungen nicht die Annahme einer hinreichend schweren Gefährdung für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Aus den polizeilichen und geheimdienstlichen Erkenntnissen ergebe sich eine solche Gefährlichkeit nicht. Auf die Nachfrage des Gerichts nach weiteren Erkenntnissen zu ihrer Person machte der Verfassungsschutz dicht und verwies auf einen ausländischen Geheimdienst und einen Spitzel als Quellen, die geschützt werden müssten. Das Verwaltungsgericht gab María daher recht, sie habe ihr Recht auf Freizügigkeit nicht verloren.
„Internationalismus lässt sich nicht verbieten“
Um gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vorgehen zu können, stellte die Stadt Magdeburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Diesen Antrag lehnte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg mit Beschluss vom 27. August 2024 ab, indem es der Argumentation und Entscheidung des Verwaltungsgerichts beipflichtete. Die Teilnahme an Versammlungen stelle ebenso wenig wie eine Tätigkeit für das Jineolojî-Komitee eine Unterstützungshandlung für die PKK dar, sondern eine legale Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die hohen Anforderungen an Eingriffe in das Recht auf Freizügigkeit einer EU-Bürgerin erfülle die Ausländerbehörde bzw. die Stadt Magdeburg mit ihrer Darstellung nicht. Der Antrag auf Berufung sei deshalb abzulehnen. Gegen diesen Beschluss sind keine Rechtsmittel zulässig, sodass María ihren Fall endgültig auf ganzer Linie gewonnen hat. „Internationalismus lässt sich nämlich nicht verbieten“, kommentierte AZADÎ.
Titelfoto: Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM)