Demirtaş-Verfahren im September vor EGMR

Das Verfahren des ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş wird im September vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte neu verhandelt.

Am 18. September findet vor der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg das Verfahren des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş statt. Das teilte dessen Anwalt Mahsuni Karaman am Donnerstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Der EGMR hatte vor rund zwei Wochen den Antrag des ehemaligen HDP-Vorsitzenden angenommen, mit dem der seit zweieinhalb Jahren inhaftierte kurdische Politiker gegen die fortgesetzte Haft vorgehen möchte. Gleichzeitig wurde der Widerspruch der Türkei gegen das EGMR-Urteil zur Unrechtmäßigkeit der Haft von vergangenem November angenommen.

Der Politiker und Menschenrechtsanwalt Selahattin Demirtaş wurde am 4. November 2016 zeitgleich mit zahlreichen weiteren Abgeordneten seiner Partei festgenommen und anschließend inhaftiert. Seitdem sitzt er im Hochsicherheitsgefängnis von Edirne. Im November 2018 verurteilte der EGMR die Türkei aufgrund der unrechtmäßigen Untersuchungshaft Demirtaşs. Die Straßburger Richter ordneten an, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht gerechtfertigt sei und der Politiker freigelassen werden müsse. Der türkische Staat solle alles tun, um möglichst bald die Freilassung des Politikers zu ermöglichen.

Demirtaş hatte vor dem EGMR geklagt, weil er seine Rechte auf eine angemessene Zügigkeit des Verfahrens gegen ihn, sein Recht auf Meinungsfreiheit und sein Recht auf Unversehrtheit des Lebens verletzt sah. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte jedoch mitgeteilt, die Türkei sei durch das Urteil nicht gebunden. Die türkische Justiz reagierte prompt und bestätigte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten, zu der Demirtaş am 7. September wegen „Terrorpropaganda“ verurteilt worden war. Mit der Bestätigung des Urteils ist er in der Türkei erstmals rechtskräftig verurteilt.

Gegen den ehemaligen Ko-Vorsitzenden der demokratischen Opposition laufen noch über 30 Verfahren. Wegen des Vorwurfs der „Gründung und Leitung einer Terrororganisation“, „Terrorpropaganda“, „Volksverhetzung” und „Billigung und Belobigung von Straftaten“ drohen dem 45-Jährigen im Hauptverfahren bis zu 142 Jahre Haft.