Die Politiker:innen Sırrı Süreyya Önder, Pervin Buldan und Ahmet Türk haben als Imrali-Delegation der DEM-Partei den ehemaligen Ko-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş, und den ehemaligen Ko-Bürgermeister von Amed (tr. Diyarbakır), Selçuk Mızraklı, im Gefängnis in Edirne besucht. Der DEM-Abgeordnete Sırrı Süreyya Önder erklärte anschließend, den seit 2016 bzw. 2019 inhaftierten kurdischen Politikern gehe es gesundheitlich gut, beide würden den Gesprächsprozess für eine Lösung der kurdischen Frage und eine Demokratisierung der Türkei unterstützen. Am Sonntag wird die Imrali-Delegation die ehemalige HDP-Vorsitzende Figen Yüksekdağ im Kandıra-Gefängnis in Kocaeli besuchen.
Stellungnahme von Demirtaş
Selahattin Demirtaş bedankte sich in einer auf X veröffentlichten Stellungnahme für den Besuch und sprach der Imrali-Delegation, der DEM-Partei und insbesondere Abdullah Öcalan sein „volles Vertrauen“ und seine Unterstützung aus. Weiter erklärte der ehemalige HDP-Vorsitzende:
„Das heikelste Thema dieser Zeit ist die öffentliche Unterstützung. Daher ist Transparenz äußerst wichtig und notwendig. Es ist gut, dass unsere Delegation die politischen Parteien im Parlament im Sinne der Transparenz informiert hat und in den kommenden Tagen Organisationen der Zivilgesellschaft und weitere politische und gesellschaftliche Kreise informieren wird. Wichtig ist auch, dass sich in allen Kreisen eine Sprache des Friedens durchsetzt. Alle, die sich zu diesen Themen äußern, sollten sich von der Sprache der Drohungen, der Erpressung, der Demütigung und des provokativen Diskurses fernhalten und sich statt einer leeren und bedeutungslosen Rhetorik, die auf Sieg und Niederlage basiert, auf eine gemeinsame Zukunft konzentrieren, in der alle, wir alle, gewinnen werden.
Auch wenn ein Name für diesen Prozess beharrlich vermieden wird, ist er aus unserer Sicht ein Prozess der Demokratisierung, des Friedens und der Geschwisterlichkeit. Als Akteure, die auf demokratischer und friedlicher Grundlage Politik machen, wünschen, fordern und unterstützen wir ein dauerhaftes Ende von Konflikten und Gewalt. Wir erklären, dass wir Herrn Öcalan zur Seite stehen werden, wenn er unter den gegebenen Umständen die Initiative dazu ergreift. Die gesamte Initiative eines möglichen Aufrufs liegt natürlich in seinen Händen. Wie Herr Öcalan selbst erklärt hat, liegt die Verantwortung für die Schaffung der rechtlichen und politischen Grundlage für einen solchen Aufruf bei der Regierung und dem Parlament. Wir bieten jede Art von Unterstützung für Friedensinitiativen in dieser Phase an.
Wir sind jedoch weder diejenigen, die einen Aufruf machen werden, noch Adressaten eines möglichen Aufrufs. Unsere Rolle und Aufgabe als Politiker ist es, den Boden für den Frieden zu stärken, die Friedensparteien zu ermutigen und zu fördern und Frieden zu ermöglichen. Aber noch mehr als das besteht unsere grundlegende Verantwortung darin, den friedlichen, zivilen, politischen Kampf für Demokratie, Freiheiten, Gleichheit, Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte auszuweiten. Die Kanäle und Möglichkeiten dieses Kampfes müssen jetzt geöffnet werden, damit der Boden für den Frieden gestärkt werden kann. Wir möchten die Aufmerksamkeit der Zuständigen auf diesen Punkt lenken.
Alle sollten wissen, dass es gute Absichten und einige in dieser Absicht getroffene Vorbereitungen gibt. Damit der Prozess jedoch mit Leben erfüllt werden kann, müssen rasch konkrete Schritte unternommen werden, die Mut machen. Wir sind bereit, jede Art von Unterstützung zu leisten, um die Konflikte zu beseitigen, die seit Jahren unsägliches Leid verursachen und die gesamte Energie des Landes verbrauchen, und um einen politischen Frieden zu schaffen.
Der politische Frieden wird jedoch nur dann von Dauer sein und im Interesse aller und des Landes liegen, wenn er auf eine Weise zustande kommt, die alle Kanäle des Kampfes für gesellschaftlichen Frieden, Demokratisierung, Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheiten öffnet. Auf diese Weise wird auch die gesellschaftliche Unterstützung für den politischen Frieden zunehmen, und alle Provokationen und Versuche, ihn zu untergraben, werden ins Leere laufen, da die Mehrheit des Volkes ihn annimmt.
In dieser kritischen und historischen Zeit möchte ich dem Präsidenten der Republik, Herrn Devlet Bahçeli, Herrn Özgür Özel und allen anderen Parteiführern für die Initiativen, die sie für den Frieden ergriffen haben und ergreifen werden, meinen Dank und meine Unterstützung aussprechen. Jenseits aller persönlichen und parteipolitischen Interessen werde ich ohne Zögern jeden Schritt unterstützen, der zur Stärkung der Demokratie unternommen wird.
Abschließend möchte ich betonen, dass die meisten Kurdinnen und Kurden auf die Türkei blicken und sich daran orientieren. Ich glaube, wenn es gelingt, Frieden und eine starke Demokratie aufzubauen, werden wir gemeinsam als Gewinner aus diesem Prozess hervorgehen. Dafür hoffe und wünsche ich mir, dass auch der Staat der Republik Türkei seine Richtung und sein Gesicht allen Kurdinnen und Kurden zuwendet und den Aufbau eines großen und ehrenvollen Friedens gewährleistet. Ich möchte unserer Delegation noch einmal danken und Ihnen allen meine herzlichen Grüße und meine Liebe übermitteln, verbunden mit meinen Erfolgswünschen.“
Foto: Abdullah Öcalan, Selahattin Demirtaş und Pervin Buldan während des Gesprächsprozesses von 2013 bis 2015 im Inselgefängnis Imrali