Can Dündar zu über 27 Jahre Haft verurteilt

Der türkische Journalist Can Dündar wurde in Abwesenheit in Istanbul zu einer mehr als 27-jährigen Haftstrafe verurteilt.

Der Journalist Can Dündar wurde in Abwesenheit wegen „Spionage“ zu 18 Jahren und neun Monaten Haft und wegen „Terrorunterstützung“ zu weiteren acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Das politische Urteil gegen den in Deutschland im Exil lebenden Journalisten wurde vor dem Hintergrund seiner investigativen Recherchen zu Waffenlieferungen der türkischen Regierung an den „Islamischen Staat” (IS) und al-Qaida in Syrien gefällt.

Dündar hatte mithilfe eines mittlerweile suspendierten Staatsanwalts ermittelt, wie der türkische Geheimdienst Lastwagen der „Hilfsorganisation“ IHH nutzt, um Waffen nach Syrien zu schmuggeln. Der Journalist hatte 2015 ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen war, wie 1000 Mörsergranaten, 1000 Artilleriegeschosse, 50.000 Patronen Sturmgewehr- und 30.000 Stück Maschinengewehrmunition auf drei IHH-Lastwagen nach Syrien transportiert werden sollten. Die Militärpolizei hatte die Lastwagen kontrolliert und Kriegsausrüstung festgestellt. Die Munition wurde jedoch von der türkischen Regierung in „humanitäre Hilfe“ umdeklariert und ausgeliefert. Das türkische Regime behauptete, es gäbe diese Waffen nicht. Nach der Veröffentlichung der Beweise ging es zum Angriff über. Staatschef Erdoğan deklarierte Dündar öffentlich als Spion und drohte, er müsse „einen hohen Preis dafür bezahlen“.

Da das Urteil in dem politischen Verfahren schon vorher feststand, boykottierte Dündars Anwaltsteam das Verfahren. Dündar war bereits 2016 für die Veröffentlichungen zu mehr als fünf Jahren Haft wegen Geheimnisverrats verurteilt und vom Vorwurf der Spionage entlastet worden. Der Oberste Gerichtshof in Ankara hob das Urteil 2018 jedoch auf und erklärte, das Verfahren müsse auch den Tatbestand der Spionage umfassen.