Buldan und Sancar wollen nicht mehr für Parteivorsitz kandidieren
Pervin Buldan und Mithat Sancar werden beim Parteitag im Herbst nicht erneut für den Vorsitz der HDP kandidieren.
Pervin Buldan und Mithat Sancar werden beim Parteitag im Herbst nicht erneut für den Vorsitz der HDP kandidieren.
Die HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan und Mithat Sancar werden nicht erneut für die genderparitätische Doppelspitze ihrer Partei kandidieren. Das kündigten beide in einer Sendung beim Sender Medya Haber am Sonntagabend an. In Anbetracht der Kritik am Wahlausgang wollten sie auf dem Parteitag im Herbst den HDP-Vorsitz an zwei Mitstreitende abgeben. Damit ziehen Buldan und Sancar nun Konsequenzen aus dem Abwärtstrend der HDP, der sich zuletzt bei der Parlaments- und Präsidentschaftswahl in der Türkei gezeigt hatte.
Die HDP, die zur Türkei-Wahl aufgrund eines drohenden Verbots unter dem Dach der Grünen Linkspartei (YSP) angetreten war, hatte am 14. Mai deutliche Verluste erlitten. Nach dem endgültigen Ergebnis der Parlamentswahl lag die YSP bei 8,79 Prozent der Stimmen. Damit entsendet sie 61 Abgeordnete in die türkische Nationalversammlung. Bei der Abstimmung 2018 erreichte die HDP noch 11,62 Prozent der Stimmen und gewann 67 Mandate.
Buldan und Sancar zeigten sich selbstkritisch. „Als YSP haben wir nicht die von uns angestrebten Stimmen erreicht. In dieser Hinsicht betrachten wir uns als gescheitert, aber es gibt keine Niederlage“, betonte Sancar. Der Staat habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die demokratische Politik zu liquidieren. Unter diesen Umständen zur Wahl überhaupt antreten zu können, sei an sich schon äußerst bedeutsam gewesen. Buldan präzisierte die Ausführungen und wies auf mehrere Faktoren hin, etwa Hetzkampagnen des Erdoğan-Lagers im Wahlkampf, das laufende Verbotsverfahren gegen die HDP, allgegenwärtige Schikanen, Verhaftungen und Diskriminierung gegen Mitglieder und Basis. Diese und weitere Aspekte seien mitausschlaggebend dafür, dass es zwar keine Niederlage für die HDP gab, aber das angepeilte Ziel nicht erreicht werden konnte.
„Die Vorstellung der YSP bei unseren Wählerinnen und Wählern mussten wir innerhalb von anderthalb Monaten managen. Dies ist uns am Ende nicht gelungen. Wir haben es nicht geschafft, in Kreise außerhalb unserer eigenen zu gelangen. Dadurch konnten wir weder wachsen noch die Idee der HDP an alle Teile der Gesellschaft vermitteln.“ Jetzt in der nach der Wahl eröffneten Phase der Kritik und Selbstkritik würden die Parteivorsitzenden in der Pflicht sein, bei der Basis und beim Volk Rechenschaft abzulegen. „Es gibt kein Aufgeben“, so Buldan.
„Wir tragen die Verantwortung, unsere Partei durch einen Diskussionsprozess zu führen und sie zum Kongress zu bringen. Die Auswertungen der aktuellen Lage dauern gemeinsam mit institutionellen Strukturen und der Basis weiter an“, betonte Sancar. Die HDP sei keine „Partei der Vorsitzenden“, sondern ein Bündnis, das von einem „kollektiven Willen“ geleitet werde. „Wir nehmen Kritik ohne Zögern an. Wenn der Wahlprozess als gescheitert betrachtet wird, ist es meine persönliche Verantwortung, Konsequenzen zu ziehen. Wir haben Pflichten und wir werden sie erfüllen.“