Berlin: Veranstaltung zur Isolation auf Imrali

Auf einer Veranstaltung in Berlin wurde gestern die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und der Widerstand auf der Gefängnisinsel Imrali diskutiert.

In Berlin fand am Freitag die erste Veranstaltung in der von kurdischen Frauenverbänden und Frauenräten organisierten Veranstaltungsreihe „Ein Leben, gewidmet der Freiheit und dem Widerstand auf Imrali“ statt. An dem gut besuchten Event nahmen auch Aktivistinnen und Aktivisten teil, die mit einem Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans protestieren. Als Referent*innen waren Solomon Lechesa Tsenoli, stellvertretender Parlamentspräsident Südafrikas anwesend, der über seine Erfahrungen mit Nelson Mandela und dessen Weg zur Befreiung sprach, die kurdische Rechtsanwältin Ebru Günay, die zugleich Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) ist und über das Imrali-System und den Widerstand Öcalans berichtete, sowie Fidan Yıldırım, die als Vertreterin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) über den Widerstand kurdischer Frauen und die Bedeutung Öcalans für die kurdische Gesellschaft sprach.

Im Namen der Hungerstreikenden begrüßte Meryem Dayê zunächst die Anwesenden. Sie erklärte in ihrer Ansprache: „Es geht nicht nur darum, dass die Isolation gegenüber dem Vorsitzenden Öcalan aufgehoben wird, wir werden bis zu seiner Freilassung kämpfen.“

Ohne die Freiheit der Kurden kann kein fortschrittlicher, demokratischer Mensch frei sein

Als erstem Redner wurde Solomon Lechesa Tsenoli das Mikrofon überreicht. Dieser sagte zu Beginn seines Redebeitrags: „Ich bin hier, um mit euch die Erfahrungen Nelson Mandelas zu teilen und solidarisch zu sein. Es gibt Ansätze aus Afrika, Kolumbien, Irland, Galizien, Schottland und anderen Orten, die als Beispiel angeführt werden können. Ohne die Freiheit des kurdischen Volkes und die Freiheit Öcalans kann kein fortschrittlicher, demokratischer Mensch frei sein.

Als das Apartheid-Regime mit Mandela verhandeln wollte, verweigerte Mandela dies, weil er der Meinung war, dass mit einem Gefangenen keine Friedensgespräche stattfinden können und er solche Verhandlungen keinesfalls allein führen werde.

Zwischen der Türkei und Öcalan hat es im Friedensprozess eine ähnliche Situation gegeben. Öcalan und die Bewegung sollten von der Bevölkerung getrennt werden. Dem stand jedoch der starke Widerstand der Bevölkerung entgegen. Massenwiderstand und zeitgemäße effiziente Reaktionen bringen Ergebnisse hervor. Die Schriften und Ideen Mandelas gelangten auf verschiedenen Wegen aus dem Gefängnis nach draußen. Seine Ideen verankerten sich in den Massen und wurden unterstützt.

Viele Südafrikaner*innen wollen zum kurdischen Friedenskampf beitragen

Bei uns gibt es viele Menschen, die mehr zum Friedenskampf des kurdischen Volkes und der Freiheit Öcalans beitragen können. Wenn sich die Kurdinnen und Kurden an ihren jeweiligen Wohnorten mit unseren Botschaften und anderen südafrikanischen Institutionen in Verbindung setzen, kann ein Dialog zwischen uns und ein gemeinsamer Kampf entstehen.“

Günay: Öcalan verteidigt die Freiheit von Frauen

Die HDP-Abgeordnete Ebru Günay eröffnete ihre Rede mit Grüßen an die Hungerstreikenden. Anschließend sagte sie:

„Die Freiheitskämpfe in der Geschichte ähneln einander, insbesondere die Geschichten aus den Kerkern. Was seit 1999 auf der Insel Imrali geschieht, ist schwer zu begreifen. Was auch immer wir dazu sagen, was auch immer wir erzählen können, es reicht doch nicht aus.
Ich möchte einmal mehr daran erinnern, dass hinter der Ergreifung Öcalans die internationalen Mächte stehen. Von den USA bis Israel, von Russland bis Europa. Herr Öcalan hat selbst gesagt, ‚diejenigen, die mich an die Türkei übergaben, maßen der Türkei nur die Rolle eines Schließers zu.‘

Die Haltung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Antifolterkomitees, der EU und ähnlichen Institutionen dürfen davon nicht unabhängig betrachtet werden. Diese Institutionen handeln noch immer nach dem Konsens von 1998. Das Antifolterkomitee reiste einige Male nach Imrali, hielt es aber später nicht mehr für nötig. Eine rechtliche Grundlage hat diese Entscheidung nicht, es geht hier um eine vollständig politische Entscheidung. Öcalan sagte einmal, dass die Insel Imrali selbst eine Fortsetzung des Komplotts gegen ihn sei.

Öcalan ist ein Führer, der seine Philosophie auf der Befreiung der Frau aufgebaut hat. Ihm gegenüber steht ein System der Vergewaltigung. Im Mittleren Osten greift der IS ezidische Frauen an und verkauft sie auf Märkten. Das ist eine Offensive gegen Herrn Öcalans Philosophie.

Wenn wir zu den Ähnlichkeiten zwischen Mandela und Öcalan kommen; Mandela blieb zwar auf Robben Island auch eine lange Zeit allein, konnte aber über Tag Zeit mit seinen Freunden verbringen. Ein weiterer Unterschied ist, dass Mandela gezwungen wurde, im Steinbruch zu arbeiten. Zudem konnte Mandela seine Anwälte sehen. Öcalan hingegen war bis zum Jahr 2009 der einzige Gefangene auf der Insel. Er kann seine Anwält*innen seit 2011 nicht mehr sehen. Es gibt also Unterschiedlichkeiten und Ähnlichkeiten. Aber die Ähnlichkeiten zwischen der Türkei und dem Apartheidsregime überwiegen.

Yıldırım: Öcalan befindet sich im Visier des Imperialismus

Abschließend hielt Fidan Yıldırım von der kurdischen Frauenbewegung in Europa ihren Redebeitrag und lieferte sogleich Antworten auf die Fragen: „Warum greifen sie Öcalan so massiv an? Warum fürchten sie ihn? Warum nimmt das kapitalistische, imperialistische Weltsystem ihn so stark ins Visier?“ Nach Ansicht von Yıldırım lautet die Lösung: „Weil sich unser Blick mit Öcalans Perspektive auf die Vergangenheit vor 5.000 Jahren gerichtet hat. Öcalan sagte, die Frauen vor 5.000 Jahren haben die Menschheit für eine viel längere Zeit angeführt und die größten Entdeckungen gemacht.‘ Das Leben unter der Führung der Frauen war ein Leben der Menschlichkeit in Gemeinschaft mit der Natur. Es war ein gleichberechtigtes und angepasstes Leben. Es war ein Leben, in dem sich Frauen und Männer verstanden haben. Ohne das patriarchale System zu bekämpfen, ohne die Frau zu befreien, wird kein Problem eine Lösung finden.“

Die zweite Veranstaltung der Reihe findet heute in Köln statt. In Frankfurt findet die Veranstaltung am 16. Dezember um 12.00 Uhr im DGB-Haus statt. Neben Solomon Lechesa Tsenoli referieren die ehemalige HDP-Abgeordnete Dilek Öcalan und Gönül Kaya (TJK-E).

In Hamburg wird die Veranstaltung am 22. Dezember um 14.00 Uhr in der Universität stattfinden. Teilnehmen werden unter anderem Dilek Öcalan (HDP) und Haskar Kırmızıgül als Vertreterin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa.