Berlin: Freilassung von Ecevit Piroğlu aus serbischer Haft gefordert

In Berlin haben Aktivist:innen die sofortige Freilassung von Ecevit Piroğlu aus serbischer Auslieferungshaft gefordert. Der politische Aktivist ist von der Abschiebung in die Türkei bedroht und seit Juni im Hungerstreik.

Vor der serbischen Botschaft in Berlin haben Aktivist:innen die Freilassung von Ecevit Piroğlu gefordert. Der Kurde aus der Türkei befindet sich nach seiner Flucht vor dem Erdoğan-Regime in serbischer Auslieferungshaft, wo er im Juni in einen Hungerstreik getreten ist. In der Botschaft wurde ein Informationsdossier zu dem Vorgang übergeben.

Zu der Kundgebung in Berlin hatte das Bündnis HBDH („Vereinte Revolutionsbewegung der Völker“) aufgerufen, unterstützt wurde die Aktion wurde von Vertreter:innen des Frauenrats Dest-Dan sowie von Nav-Berlin und ATIK. In einer vorgetragenen Erklärung wurde Ecevit Piroğlu als politischer Aktivist beschrieben, der sich seit 1992 in der Türkei für Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden einsetzt. Aufgrund seiner politischen Arbeit sei er mehrfach verhaftet worden: „Nach seiner letzten Inhaftierung war er gezwungen, die Türkei zu verlassen, um weiterer politischer Verfolgung zu entgehen. Am 25. Juni 2021 flog Piroğlu nach Serbien und wurde nach der Landung auf dem Belgrader Nikola-Tesla-Flughafen festgenommen und befindet sich seitdem in Haft. Am 2. Juni 2022 trat Piroğlu in einen unbefristeten Hungerstreik gegen seine Auslieferung. Monate später hat er erheblich an Gewicht verloren und verliert an Kraft und Bewusstsein. Er wird nun in Einzelhaft gehalten, und sein Leben ist in Gefahr.“

In der Erklärung wurde auf den Serbien-Besuch des türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan am 7. September und Verhandlungen über Waffenverkäufe hingewiesen. Serbien sei offenbar bereit, „Piroğlu für seine diplomatischen und wirtschaftlichen Interessen zu opfern. Nach serbischem Recht sollte jeder, der seit zwölf Monaten inhaftiert ist, aus dem Gefängnis entlassen werden, auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, da ein so langer Prozess als Freiheitsberaubung und übermäßige Inhaftierung angesehen wird. Wir fordern von der serbischen Regierung, Ecevit Piroğlu umgehend freizulassen, ihm politisches Asyl zu gewähren und ihn sofort medizinisch zu versorgen.“

Gegen die Auslieferung von Ecevit Piroğlu haben bereits in mehreren europäischen Staaten Proteste vor serbischen Vertretungen stattgefunden, so auch am Dienstag in London. Für Donnerstag um zwölf Uhr ruft die „Initiative für die Freiheit von Ecevit Piroğlu“ zu einer Kundgebung in Stuttgart auf.

Vom Gezi-Aufstand über den Kampf gegen den IS in Rojava nach Serbien

Der Weg von Ecevit Piroğlu reicht vom Gezi-Widerstand über den Kampf gegen den IS in Rojava bis hin zu seinem Widerstand gegen seine drohende Auslieferung durch Serbien an die Türkei. Piroğlu befindet sich über einem Jahr in Serbien in Auslieferungshaft. Am 30. September findet die nächste Verhandlung über seine Auslieferung an die Türkei statt, wo ihm Folter und Inhaftierung nach dem Terrorgesetz drohen.

Im Juni teilte Piroğlu über seine Anwält:innen mit, dass er einen bis zu seiner Freilassung unbefristeten Hungerstreik gestartet habe. Der politische Gefangene erklärte: „Mein Name ist Ecevit Piroğlu. Ich bin ein internationalistischer proletarischer Revolutionär. Ich bin seit Juni 2021 in Serbien gefangen. Ich grüße unsere Freund:innen und Genoss:innen, die auf der ganzen Welt internationalistische Solidarität gezeigt und protestiert haben, um meine physische Gefangenschaft zu beenden und eine Auslieferung zu verhindern. Ich erkläre, dass ich mich diesem Widerstand angeschlossen habe, indem ich einen Hungerstreik begonnen habe. Dieser Widerstand richtet sich gegen die internationalen Angriffe auf Revolutionär:innen und Demokrat:innen auf der ganzen Welt. Von heute an befinde ich mich unbefristet im Hungerstreik.“

Piroğlu soll unter anderem wegen seiner Rolle beim Gezi-Aufstand von 2013 vor Gericht gestellt werden. Allein dafür drohen ihm 30 Jahre Haft. Außerdem wird sein Kampf gegen den IS in Rojava als „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ vom türkischen Staat verfolgt.