Cemil Bayik, Ko-Vorsitzender des KCK-Exekutivrats, hat sich am Freitagabend in einer Sondersendung bei Stêrk TV zu aktuellen Themen geäußert.
In einem Teil der Sendung ging es um die Haltung der kurdischen Befreiungsbewegung zu der südkurdischen Regierungspartei PDK (Partiya Demokrata Kurdistanê). Bayik führte aus, dass die KCK nicht gegen die PDK und den Autonomiestatus von Başûrê Kurdistanê (Südkurdistan) ist und gemeinsam mit der PDK gegen kurdenfeindliche Kräfte vorgehen will. Für das kurdische Volk berge die aktuelle Situation Möglichkeiten von historischer Bedeutung, diese Gelegenheit dürfe nicht verpasst werden.
An die PDK appellierte Bayik: „Im Namen unserer Bewegung gebe ich dem kurdischen Volk und den Völkern weltweit mein Wort: Wir erkennen sowohl den Status als auch die Regierung Südkurdistans und die Peschmerga an. Wir haben kein Problem mit ihnen. Auf der anderen Seite will ich auch, dass die PDK ihr Wort gibt, sich nicht als Agent der Türkei zu betätigen. Sie soll der Völkermordpolitik nicht dienen. Das soll sie versprechen. Wenn sie dieses Versprechen gibt, können die stattfindenden Probleme leichter gelöst werden. Von unserem Volk wünschen wir uns, dass es sich mit diesem Punkt beschäftigt.
Ich möchte zu diesem Thema noch etwas sagen: Niemand kann diese Bewegung und diesen Kampf aufhalten. Niemand kann von uns fordern, dass wir nicht kämpfen und keinen Widerstand leisten sollen. Diese Bewegung hat sich gegen Kapitulation und Verrat gewehrt, diesen Kampf wird sie bis zum Äußersten weiterführen. Bis das kurdische Volk frei ist, wird unsere Bewegung keinen einzigen Tag lang auf Widerstand verzichten.“
Türkischer Verteidigungsminister für die Zerschlagung der PKK im Irak
Weitere Themen der Sendung waren der bevorstehende Jahrestag der Verschleppung Abdullah Öcalans in die Türkei vor 22 Jahren und der Besuch des türkischen Verteidigungsministers Hulusi Akar in Bagdad und Hewlêr (Erbil). Begleitet von seinem Generalstabschef traf Akar bei seiner Reise vor zwei Wochen mit Mesûd, Nêçîrvan und Mesrûr Barzanî zusammen und verhandelte mit den drei prominentesten PDK-Vertretern über eine Militäroperation gegen die PKK.
Cemil Bayik erklärte dazu: „Der einzige Grund für diese Gespräche war die Zerschlagung der PKK. Bei der türkischen Delegation handelte es sich um eine militärische und geheimdienstliche Delegation, nicht um eine politische oder wirtschaftliche. Der Irak hat kein besonderes Interesse an einer Vernichtung der PKK, deshalb wird er jetzt sowohl von der Türkei als auch von der PDK unter Druck gesetzt. Der Irak hat eigene schwere Probleme und Schwachstellen. Daher hat er nicht die Stärke, sich dagegen zu wehren, dass er in die Pläne eingebunden wird. Das ist eine ernste Situation, die beachtet werden muss. Die PDK hat früher insgeheim gegen die PKK gearbeitet und ist heimlich gemeinsam mit dem türkischen Staat vorgegangen. Inzwischen verhält sie sich ganz offen feindselig. Ihre Politik dient ausschließlich dem türkischen Staat. Sie dient einem kurdischen Genozid. Da die Türkei die PDK für die Zerschlagung der PKK braucht, setzt er sie nicht unter Druck. In der Vergangenheit hat der türkische Staat immer wieder bestimmte Kurden an seine Seite gezogen, um sie gegen das kurdische Volk zu benutzen. Wenn die Kollaborateure ausgedient hatten und nicht mehr gebraucht wurden, sind sie vernichtet worden. Das zeigt ein Blick in die Geschichte. Die PDK sollte daraus lernen und sich nicht für diese schmutzige Politik hergeben.“
Bayik betonte außerdem, dass die PDK nicht im Namen der südkurdischen Regierung mit der Türkei verhandeln kann, da auch die YNK und Gorran der Regionalregierung angehören.
Angebliche Reformen und die Interessen Deutschlands
Auf die Frage nach den von der Türkei angekündigten Reformen und der Erklärung des deutschen Außenministers zu einer Verbesserung der EU-Türkei-Beziehungen antwortete Bayik:
„Wenn die kurdische Frage auf demokratischer und politischer Basis gelöst werden soll und entsprechende Schritte für eine Demokratisierung gesetzt werden, dann können wir von einer Reform sprechen. Aber danach sieht es im Moment nicht aus. Wie sollen Erdoğan und Bahçeli in dieser Situation auch Reformen machen? Ihre Politik ist dechiffriert, sie befinden sich in der Defensive. In den USA hat ein Regierungswechsel stattgefunden und ihnen ist klar, dass die neue Regierung eine andere Politik als Trump machen und das auch Europa beeinflussen wird. Sie wissen, dass sie sich nicht an der Macht halten können, wenn sie nicht einige Änderungen herbeiführen und die Menschen damit täuschen. Wenn sie nicht an der Macht bleiben, können sie keinen Krieg führen, und sie wollen an der Macht bleiben, um Krieg zu führen. Deshalb sagen sie, dass sie Reformen durchführen und dafür Hilfe wollen. Auf diese Weise wollen sie alle täuschen und Unterstützung für ihren Krieg bekommen. Sie wollen ihr wahres Gesicht verbergen. Das ist ihr Ziel und niemand sollte darauf hereinfallen. Es geht nicht um wirkliche Reformen, im Gegenteil, sie wollen den Krieg unter dem Deckmantel von Reformen weiter anheizen. Wann immer sie von Reformen sprechen, schaffen sie die Demokratie noch ein bisschen mehr ab und verschärfen ihren Faschismus und Rassismus. Das kann man sehen, wenn man ihre Vergangenheit betrachtet. Sie tun es für den Machterhalt. Sie denken, dass niemand sie durchschaut, weil es ihnen früher gelungen ist, alle zu täuschen, aber das ist inzwischen nicht mehr möglich.
Alle Regierungen der Türkei haben Krieg gegen die Gesellschaft geführt, das Agententum ausgebaut und das Land ausgebeutet. Die Koalition aus AKP und MHP betrachtet momentan alle außer sich selbst als schuldig und Verräter. Deshalb verhaften sie alle. In der Türkei gibt es keine Gesetze. Das sagen außer uns auch andere Kreise. Es gibt keine Gesetzgebung, es gibt nur noch Erdoğan und Bahçeli. Diese Politik wird vor allem von Bahçeli praktiziert. Was Bahçeli vorgibt, wird von der AKP weiterentwickelt. Die Regierung setzt ausschließlich auf die türkische Nation und den Islamismus. Eine andere Nation, Religion oder Konfession wird nicht anerkannt, sie sollen alle vernichtet werden. Und das wird in die Praxis umgesetzt. Selbst die Putschisten in der Türkei haben nicht einen derartigen Krieg gegen die Gesellschaft geführt.
Der deutsche Außenminister sagt, dass die Türkei positive Schritte setzen will und Europa Unterstützung leisten wird, wenn diese Schritte tatsächlich stattfinden. Das sagt er im eigenen Interesse. In der Türkei herrscht Faschismus, es finden Massaker statt und es gibt keine Demokratie. Das wird nicht einbezogen, es geht nur um die eigenen Interessen. Damit macht sich Deutschland zum Partner der Massaker des türkischen Staates. Niemand sollte der Politik von Erdoğan und Bahçeli dienen und sich an den Massakern beteiligen.
Deutschland hat in der Geschichte ein Massaker an den Juden vollzugen und das Massaker an den Armeniern unterstützt. Es sollte heute nicht einem Massaker am kurdischen Volk dienen und niemanden in diese Politik hineinziehen. Wenn tatsächlich etwas unternommen werden soll, muss es der Demokratisierung der Türkei dienen. Die demokratischen Kräfte, die Kurden sollten unterstützt werden, nicht diejenigen, die sie vernichten wollen.
Es sollte bekannt sein, dass eine Demokratisierung der Türkei nur stattfinden kann, wenn diese Regierung gestürzt wird. Wer eine Demokratisierung in der Türkei will, muss sich gegen die Regierung stellen. Vor allem das kurdische Volk und die Demokratiekräfte in der Türkei sollten nicht an die Reformankündigungen glauben und ihren Kampf gegen die Regierung verstärken.“