Vorgestern standen 13.000 Stühle vor dem Reichstagsgebäude in Berlin – eine Mahnung der zivilgesellschaftlichen Gruppe Seebrücke, das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zu evakuieren. Dort an Europas Außengrenze sind fast 13.000 Schutzsuchende unter erbärmlichen Zuständen eingesperrt. Der Ausbruch der Corona-Epidemie verschärfte die Lage zusätzlich. Seit Donnerstag letzter Woche steht das Lager komplett unter Quarantäne.
Letzte Nacht sind an mehreren Stellen im Camp Feuer ausgebrochen. Tausende flohen und irrten umher auf der Suche nach einem sicheren Platz. Die Polizei beschoss sie mit Tränengasgranaten, trieb die Geflüchteten immer wieder zusammen und hinderte sie daran, den Hafen zu erreichen.
Der Morgen zeigt: Moria ist nahezu vollständig verwüstet. Wie das Feuer ausgebrochen ist, ist noch nicht klar. Vielleicht war es ein notwendiger Akt der Selbstverteidigung, da keine andere Lösung in Aussicht war. Ein Akt der Befreiung aus einem Abschreckungslager, das die „europäische Werteunion" demaskiert und zum Symbol wurde für die Menschenfeindlichkeit der kapitalistischen Moderne.
Viele Initiativen rufen heute deutschlandweit zu Demonstrationen auf. Die Forderungen richten sich vor allem an den deutschen Innenminister Horst Seehofer und die Bundeskanzlerin, die Bereitschaft einiger Bundesländer und Städte nicht mehr zu blockieren und Geflüchtete aufzunehmen. Die Schutzsuchenden aus Moria müssen sofort evakuiert werden. Es darf an Europas Außengrenzen keine Abschreckungslager mehr geben. Die Verantwortlichen der rassistischen Migrationspolitik, der militärischen Abschottung der EU-Außengrenzen und der Deals mit Regimen wie der Türkei oder Libyen müssen zur Rechenschaft gezogen werden, so die Forderungen der Aktivist*innen der Seebrücke und anderer zivilgesellschaftlicher Akteure.
Eine Sprecherin der Seebrücke erklärt: „Wir rufen alle auf, sich an den Kundgebungen und Demonstrationen zu beteiligen und den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen. #WirHabenPlatz! Erkundigt euch bei den lokalen Aktionsbündnissen und geht heute auf die Straße.“
Folgende Termine sind bereits bekannt:
Aachen, 19 Uhr, Elisenbrunnen
Bielefeld, 18 Uhr, Rathaus
Bonn, 18 Uhr, Marktplatz
Dortmund, 18 Uhr, Reinoldikirche
Dresden, 18.30 Uhr, Neumarkt
Freiburg, 18 Uhr, Platz der alten Synagoge
Heidelberg, 19 Uhr, Bismarckplatz
Jena, 18 Uhr, Holzmarktplatz
Köln, 19 Uhr, Heumarktplatz
Leipzig, 19 Uhr, Willy-Brand-Platz
Lübeck, 18 Uhr, Rathaus
Mainz, 19 Uhr, Schillerplatz
Mannheim, 18 Uhr, Paradeplatz
Münster, 18.30 Uhr, Hauptbahnhof
Tübingen, 19 Uhr, Holzmarkt
Wuppertal, 17.30 Uhr
Nürnberg,18 Uhr, Jakobsplatz
Berlin, 18 Uhr, Bundeskanzleramt
Kiel, 19 Uhr, Kreuzung Sophienblatt/Ringstraße
Frankfurt (Main), 18 Uhr, Römer
Hannover, 18 Uhr, Ernst-August-Platz
Oldenburg, gegen 19 Uhr
Marburg, 19 Uhr, Erwin Piscator Haus
Hamburg, 18 Uhr, Arrivatipark
Karlsruhe, 18 Uhr, Ecke Waldstraße/Kaiserstraße