Kriminalisierungsbehörde Verfassungsschutz
Einer für kommenden Sonntag in Nürnberg geplanten Gedenkveranstaltung für Thomas Johann Spies wurden kurzfristig die Räume entzogen. Wie das Organisierungskollektiv am Freitag in einer Mitteilung öffentlich machte, sollen die Betreiber eines Nürnberger Kulturhauses bereits vor einer Woche auf Druck des bayerischen Verfassungsschutzes entschieden haben, den angemieteten Saal doch nicht zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich um Räumlichkeiten in dem von der „Gesellschaft für kulturelle Freiräume“ betriebenen Z-Bau. Die Stadt Nürnberg ist Mitgesellschafterin des Gebäudes, das als „Haus für Gegenwartskultur“ fungiert.
„Es ist nicht das erste Mal, dass dies geschieht, wir sind also weder überrascht noch bestürzt“, erklärte das Kollektiv, das sich aus Freund:innen und Weggefährt:innen von Spies zusammensetzt, zu der Mietkündigung und dazu, dass das Gedenken in eine extremistische Ecke gerückt werde. „Wütend sind wir trotzdem. Wütend darüber, dass alles Kurdische und progressiv Politische in Deutschland kriminalisiert wird. Dass Freunde von uns nur aus diesem Grund hier im Gefängnis sitzen und nicht bei uns sein können. Wütend darüber, dass wir unseres gefallenen Freundes und Genossen nicht in Ruhe gedenken können. Wütend darüber, dass der Verfassungsschutz nichts Besseres zu tun hat.“
Thomas Johann Spies wurde 1996 in Deutschland geboren und war Internationalist. Er war zunächst in der Kurdistan-Solidarität aktiv, bevor er als Zwanzigjähriger in die Berge ging. Dort schloss er sich den Volksverteidigungskräften (HPG) an und nahm den Nom de Guerre Azad Şergeş an. Am 15. Juni 2023 war er in Xakurke im Einsatz, als seine Einheit nach einer erfolgreichen Aktion gegen türkische Besatzungstruppen von Kampfflugzeugen und Artillerie des NATO-Mitglieds Türkei tödlich getroffen wurde. Die Gedenkfeier in Nürnberg wurde zum ersten Todestag von Spies initiiert. Mit ihm zusammen kamen damals auch Asya Kanîreş und Koçer Medya ums Leben.
Dass der angemietete Saal nur wenige Tage vor der schon lange geplanten Veranstaltung zurückgenommen wurde, bezeichnete das Kollektiv als „reine Schikane“. Diese wiederum sei „besonders perfide“, da es sich um eine Gedenkveranstaltung für eine verstorbene Person handelt. Einschüchtern lassen werde man sich wegen dieses „staatlich und politischen Angriffs“ jedoch nicht, so die Veranstalter:innen: „Niemals werden wir es uns nehmen lassen, des Lebens und Kampfes unserer Gefallenen zu gedenken. Sie sind das Herz unserer Bewegung und dadurch, dass sie bis zuletzt jedem Angriff getrotzt und immer weitergemacht haben, haben wir auch die Kraft, jedem Angriff zu trotzen und immer weiterzumachen. Auch das ist gemeint, wenn wir sagen; Sehîd namirin – Die Gefallenen sind unsterblich und leben in unserem Kampf weiter!“
Weiter teilte das Kollektiv mit: „Wir freuen uns auf ein Gedenken, das unseren Gefallenen würdig ist. Jetzt erst recht, nur in neuen Räumlichkeiten.“ Als neuer Veranstaltungsort hat sich das Kulturzentrum Medya Volkshaus e.V. in der Nürnberger Südstadt zur Verfügung gestellt. Die Adresse lautet Forsthofstraße 36 in 90461 Nürnberg, Beginn der Feier am 16. Juni ist 13:00 Uhr.