Die große Koalition hat sich zur Aufnahme besonders schutzbedürftiger Kinder aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern bereit erklärt. Nach Beratungen im Kanzleramt teilten die Spitzen von Union und SPD mit, dass sie bei einer Lösung für etwa 1000 bis 1500 Kinder helfen wollten. Dabei handelt es sich laut einer gemeinsamen Erklärung um Minderjährige in den Lagern auf Ägäis-Inseln, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt sind. Die meisten von ihnen seien Mädchen. Die Unterbringung dieser Minderjährigen in Deutschland soll im Rahmen einer europäischen Lösung erfolgen. Deshalb werde auf europäischer Ebene über eine Lösung verhandelt, um in einer „Koalition der Willigen” die Übernahme dieser Kinder zu organisieren. Deutschland stehe bereit, „einen angemessenen Anteil zu übernehmen”.
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Gökay Akbulut, kritisiert den Beschluss als „kosmetischen Schaufensterkompromiss“: „Endlich Aufnahmebereitschaft für Kinder in Not zu signalisieren, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sich in diesem Zusammenhang aber als ‚Koalition der Willigen‘ zu präsentieren, ist unangemessen, denn eine Aufnahme der Schwächsten sollte humanistischer Konsens sein. Die Einigung zur freiwilligen Aufnahme von Kindern aus den Hotspots kommt viel zu spät, sie hätten nach Deutschland geholt und beschützt werden müssen, bevor die Lage vor Ort eskaliert.”
Die Zahl der Kinder, die aufgenommen werden sollen, liegt nach Angaben der Linkspolitikerin weit unter dem Bedarf der Minderjährigen, die tatsächlich in unmenschlichen Bedingungen ausharren müssen. Akbulut geht von weit über 4000 unbegleiteten Minderjährigen in prekären Verhältnissen in Griechenland aus.
Jetzt sei es wichtig, dass die Aufnahme sofort erfolgt und nicht auf einen europäischen Konsens gewartet wird, stellt Gökay Akbulut fest: „Die Situation vor Ort eskaliert von Tag zu Tag mehr. Auf Lesbos hat am Wochenende das Gemeindezentrum ‚One Happy Family‘, eine Einrichtung für Geflüchtete gebrannt. Deutsche Nazis reisen nach Griechenland um gegen Schutzsuchende vorzugehen. Deutschland muss hier sofort handeln, damit Schlimmeres verhindert wird. Niemand muss heute mehr darüber aufgeklärt werden, dass das Fehlen eines funktionierenden europäischen Migrations- und Asylkonzepts selbstverschuldet ist. Die Empörung muss aufhören, die Bundesregierung muss handeln!"