Am Mittwoch war der Heidelberger Nahost-Experte Georg Stein zu Gast in Celle. Im Gepäck hatte er aktuelle Eindrücke aus der Region, eine klare Meinung und keine Patentlösung. Rund 35 Menschen folgten dem Vortrag im Bunten Haus. Die anschließende Diskussion eröffnete einen Raum, über den Umgang mit der dramatischen humanitären Situation durch Krieg und Antisemitismus zu sprechen.
Eingeladen zu der Veranstaltung hatte der Celler Arbeitskreis Internationalismus, der hinterher als Fazit erklärte: „Eine einfache Lösung des Konflikts gibt es nicht. Die Frage existiert bereits seit der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 und die damit im Zusammenhang stehende Vertreibung der Palästinenser:innen. Auch die jüngere Vergangenheit mit den Kriegen im Irak und Afghanistan hat gezeigt, dass kriegerische Auseinandersetzungen nicht in der Lage sind, langfristig stabile Verhältnisse herzustellen. Den Preis zahlen die Menschen. Was bleibt ist Verbitterung. Zum einen bei den Israelis, die sich andauernden Terrorangriffen aus dem Gaza-Streifen, dem Libanon, Libyen und Syrien ausgesetzt sehen. Der Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 stellt dabei einen der Höhepunkte der Eskalation dar. Auf der anderen Seite sahen sich die Palästinenser:innen im Gaza-Streifen in den letzten Jahren einer zunehmenden Isolation durch Israel ausgesetzt. Dazu kommt die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik Israels mit der Besetzung palästinensischer Gebiete im Westjordanland. Morde an Palästinenser:innen in diesen Gebieten sind an der Tagesordnung. Für die Palästinenser:innen geht es um die nackte Existenz. Die sich in den vergangenen Jahren zuspitzende Situation ist ein Nährboden für fundamental-religiöse Organisationen wie die islamistische Hamas.“
Georg Stein steht in Kontakt mit vielen verschiedenen israelischen und palästinensischen Organisationen vor Ort. „Ich bin noch nie so nachdenklich zurückgekommen, wie nach meinem letzten Besuch vor Ort 2022. Viele Menschen berichteten, dass keine Lösungen im Dialog mehr in Sicht scheinen und sie eine blutige Eskalation befürchten“, berichtete Georg Stein. Die dramatische aktuelle Situation und die Massaker vom 7. Oktober habe er sich dennoch nicht vorstellen können.
Bei der anschließenden Diskussion brachten die Teilnehmenden sich rege ein und stellten heraus, was ihnen in der hiesigen Situation bedeutend ist. Es sei wichtig, antisemitische Vorfälle klar beim Namen zu nennen. Ebenso wurde die Rolle von Männern bei der Eskalation der Gewalt herausgestellt. Eine weitere Person betonte, wie wichtig es ist, die eigene Haltung und Handlungen anhand eines klaren Wertekompass auszurichten. Das helfe dabei, sich in der aktuellen Situation nicht von einzelnen Interessen vereinnahmen zu lassen und deutlich zu machen, dass Menschenrechte für alle gelten müssen.