Abschiebehaft gegen Nazdar Ecevit angeordnet

Das Amtsgericht Frankfurt hat im Fall von Nazdar Ecevit einen Abschiebehaftbeschluss erlassen. Die in der Türkei verfolgte HDP-Aktivistin ist in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, um gegen die Entscheidung zu protestieren.

Das Amtsgericht Frankfurt hat im Fall der in der Türkei verfolgten HDP-Aktivistin Nazdar Ecevit einen Abschiebehaftbeschluss erlassen. Das teilte ihr Verteidiger Frank Jasenski von der Gelsenkirchener Kanzlei Meister & Partner mit. Begründet wurde der Beschluss demnach wegen fehlender Zuständigkeit. „Das Gericht hat sich nicht mit den Asylgründen und der Verfolgung von Nazdar in der Türkei beschäftigt, sondern nur formal darüber entschieden, ob die Weigerung in die Türkei zu fliegen, Grundlage für einen Abschiebehaftbeschluss sein kann“, sagte Jasenski vor dem Gerichtsgebäude. Dies sei ein weiterer Ansporn, gegen diese skandalöse Entscheidung vorzugehen. Der Rechtsanwalt hat angekündigt, Beschwerde einzulegen. Es dürfe nicht sein, dass Ecevit trotz ihrer Verfolgungsgeschichte in ein „Gefängnis von Erdoğan” abgeschoben werden soll. Die Aktivistin ist mittlerweile in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, um gegen den Beschluss zu protestieren.

Erster Abschiebeversuch abgebrochen

Nazdar Ecevit sitzt in Darmstadt in Abschiebehaft, nachdem sie am Donnerstag aus ihrer Unterkunft im Landkreis Waldeck-Frankenberg abgeholt wurde. Ein Abschiebeversuch am selben Tag musste unterbrochen werden, weil sie sich zur Wehr setzte. Ecevit floh 2016 vor politischer Verfolgung aus der Türkei nach Deutschland. Zuvor saß sie im Zuge der sogenannten KCK-Operationen mehr als fünf Jahre in Untersuchungshaft. Die Reststrafe aus einer späteren Verurteilung zu neun Jahren Haft steht jetzt zur Vollstreckung an. Ein entsprechender Haftbefehl ist bereits ergangen. Darüber hinaus liegen zwei weitere Anklagen gegen sie vor. Neben Terrorpropaganda wird ihr auch Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vorgeworfen.

Nazdar Ecevit | Foto: privat

Nazdar Ecevit stammt aus der kurdischen Stadt Cizîr (tr. Cizre), die während der türkischen Militärbelagerung im Winter 2015/2016 teilweise zerstört worden ist. Es ist die Stadt mit den „Todeskellern“, in denen mindestens 177 eingeschlossene Zivilist*innen von türkischen „Sicherheitskräften“ mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt wurden. Ecevit ist Überlebende der Belagerung von Cizîr. Sie beteiligte sich an zivilen Rettungsaktionen und hatte zusammen mit einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten versucht, trotz Ausgangssperre Tote und Verletzte aus den brennenden Kellern zu bergen. Dabei geriet sie unter Beschuss und wurde verletzt.

Richterin glaubt Aktivistin nicht

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte ihren Asylantrag 2017 ab, eine Klage dagegen scheiterte vor dem Verwaltungsgericht Kassel. Auch ein neuer Eilantrag wurde abgelehnt. Die Begründung der Richterin lautete, sie „glaube“ Nazdar Ecevit nicht, dass noch Verfahren gegen sie anhängig seien. Später vorgelegte Unterlagen, die die Echtheit der Verurteilungen belegten, wurden bisher nicht berücksichtigt. Zwar wurde zugesichert, dass diese an Vertrauensrechtsanwälte in der Türkei zur Überprüfung auf Echtheit geschickt werden. Davon wurde aber aus unbekannten Gründen abgesehen. Rechtsanwalt Frank Jasenski will nun weitere Gerichtsunterlagen und Informationen über die gesundheitliche Verfassung von Nazdar Ecevit bei den deutschen Behörden einreichen, um asylrechtlichen Schutz für die Aktivistin zu erwirken.