Über 240.000 Menschen bei #Unteilbar-Demo

In Berlin sind heute Hunderttausende „für eine offene und freie Gesellschaft“ und gegen Rassismus auf die Straße gegangen. Zu der Demonstration hatte das Bündnis #unteilbar aufgerufen.

Mit dem Ziel, die Zivilgesellschaft in Deutschland zu vereinen, kamen heute unter dem Motto „Unteilbar - Solidarität statt Ausgrenzung“ über 240.000 Menschen zusammen, um ein Zeichen gegen Hass und Rassismus zu setzen. Zu der Demonstration hatte das Bündnis #unteilbar aufgerufen, dass sich aus mehr als 450 bundesweiten Organisation, Verbänden, Gewerkschaften, Parteien und lokalen Gruppen zusammensetzt.  

„Sagt es laut, sagt es klar, wir sind alle unteilbar”, lautete die Parole der Teilnehmer*innen am Alexanderplatz zum Auftakt der Massendemonstration. Wie breit das #Unteilbar-Bündnis aufgestellt ist, war auch auf den zahlreichen Transparenten zu lesen. Auf Plakaten stand unter anderem „Rassismus ist keine Alternative“, „Kein Platz für Nazis“, „Wohnen ist Menschenrecht“ und auch „Seenotrettung ist kein Verbrechen“, „Offene Grenzen statt grenzenloser Profite“ und „Ossis gegen rechts“.

Die Großdemonstration führte über die Leipziger Straße, den Potsdamer Platz zum Brandenburger Tor und dann zur Siegessäule, wo ein abschließendes Konzert mit Künstler*innen wie Mono & Nikitaman, Herbert Grönemeyer und vielen anderen stattfand.

Europaweit fanden heute in zahlreichen Städten Proteste und Demonstrationen gegen die Totalisolation des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali statt. Die Berliner Kurdinnen und Kurden beteiligten sich mit einem eigenen Block an der #Unteilbar-Demonstration. Dazu hatten unter anderem das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad und der kurdische Dachverband NAV-DEM aufgerufen.

Die Rede, die von Vertreter*innen beider Organisationen verlesen wurde, lautete:

„Liebe Unteilbare,

jede Gesellschaft ist eigentlich unteilbar. Gesellschaften sind vielfältig, aber im Endeffekt ein Ganzes. In der Menschheitsgeschichte wurden Gruppen nie ausgebeutet oder diskriminiert und es gab einen breiten Konsens.

Erst der Staat und die kapitalistische Moderne haben die Gesellschaft geteilt. Um effektiver zu herrschen und auszubeuten, haben sie die Teile-und-Herrsche-Politik nicht nur im globalen Süden, sondern auch in unserer Gesellschaft praktiziert. Heutzutage erleben wir das wieder in voller Wucht.

Die Schwächsten halten für geschürten Rassismus und Ausgrenzung oft her. Wir als kurdische Migrant*innen in Deutschland wurden insbesondere in den 90er Jahren durch das sogenannte PKK-Verbot so sehr kriminalisiert, dass damit der Abbau von demokratischen Grundrechten legitimiert wurde. Tausende wurden festgenommen, hunderte inhaftiert.

Aber als die Kurd*innen in Kobanê vor drei bis vier Jahren eine der größten terroristischen Gefahren unserer Zeit, den sogenannten Islamischen Staat (IS), schlagen und danach zurückdrängen konnten, funktionierte dieses unrühmliche PKK-Verbot nicht mehr. Die für ihre und unsere Freiheit kämpfenden Kurd*innen konnten nicht mehr als Terroristen gebrandmarkt werden. Doch seit 2017 hat die Bundesregierung die Repressionsschraube gegen kurdische Organisationen wieder deutlich erhöht. Alle, die mit ihnen zusammen arbeiten und so über die Revolution in Rojava und die Ansätze vom inhaftierten Ideengeber Abdullah Öcalan diskutieren, werden kriminalisiert. Gleichzeitig wird einer der gefährlichsten Diktatoren unserer Zeit, Erdoğan, wieder mit militärischen Ehren in Berlin hofiert.

Der türkische Staat ist der größte Feind der wichtigsten demokratischen Bewegung im Mittleren Osten, den freien Kurd*innen. Er steht an der Spitze eines extrem autoritären Staates, der überall die freien Kurd*nnen angreift, massakriert und vertreibt und alle Demokrat*innen im eigenen Staat erstickt. Vergesst nicht, dass diese Türkei Mitschuld an den Zerstörungen in Syrien, Irak und Kurdistan und den vielen Millionen Vertriebenen hat. Doch werden der Türkei sechs Milliarden Euro geschenkt, um Flüchtlinge in inhumaner Weise zurückzuhalten. Der Wolf im Schafspelz wird bezahlt!

Die Bundesrepublik trägt durch Waffenverkäufe mit dazu bei, dass die Lebensbedingungen von Millionen Menschen in vielen Ländern zerstört werden. Millionen Menschen kommen nicht freiwillig nach Deutschland, sondern weil Krieg und Repression ihre Lebensgrundlagen kaputt machen. So sind wir als einer der reichsten Staaten der Welt verpflichtet, diese Flüchtlinge aufzunehmen. Und wir sind verpflichtet, uns für Frieden und Gerechtigkeit in aller Welt einzusetzen. Unsere Regierung tut es nicht, wir müssen sie dazu zwingen.

Diese Demo ist erst der Anfang gegen den zunehmenden und hofierten Rassismus.

Wir laden euch alle ein, mit uns am 1. Dezember in Berlin gegen das PKK-Verbot zu laufen!

Liebe Anti-Rassist*innen, wir müssen nicht nur aufstehen, wir müssen immer wieder aufspringen und dafür rennen!”

Zu der #Unteilbar-Demonstration sind weit mehr Menschen gekommen als erwartet. Das Bündnis hatte ursprünglich mit 40.000 Teilnehmer*innen gerechnet. Das Fazit der Veranstalter*innen lautete am Abend: „Ein Signal der Hoffnung muss von heute ausgehen, der 13.10.2018 zum Aufbruch in eine solidarische Gesellschaft werden! Es hat sich ausgehetzt. Wir sind mehr und unteilbar”.