Der Lehrer Mustafa S. lebt seit dem Frühjahr 2016 in Österreich. Er musste aus der Türkei flüchten, weil er sich an den Gezi-Protesten beteiligte. Die Gezi-Proteste begannen Ende Mai 2013. Sie richteten sich zunächst gegen ein umstrittenes Bauprojekt im Istanbuler Gezi-Park, weiteten sich dann aber zu landesweiten Demonstrationen gegen die islamistische Regierungspartei AKP aus. Der damalige Ministerpräsident und heutige Staatschef Recep Tayyip Erdoğan ließ die Protestbewegung von der Polizei blutig niederschlagen. Acht Demonstranten kamen ums Leben, mehr als 8.000 Menschen verletzt, 43 von ihnen schwer.
Nach den Gezi-Protesten gab es eine lange Inhaftierungswelle, in deren Folge viele Demonstrantinnen und Demonstranten, insbesondere Studierende, kriminalisiert und verurteilt worden sind. Auch Mustafa S. In vier verschiedenen Verfahren wurde er in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 35 Jahren verurteilt, die Akten liegen aktuell noch beim Kassationshof, dem höchsten Gericht in der Türkei. Dennoch soll Mustafa S. am Mittwoch abgeschoben werden.
Wie die Initiave „Bleiberecht für Mustafa“ mitteilt, wurde der alevitische Kurde am Montagfrüh (23. November) von der Polizei aus seiner Wohnung in Innsbruck geholt und ins Polizeianhaltezentrum (PAZ) in Wien (Hernalser Gürtel) überführt. „Mustafa musste sich seit circa einer Woche alle zwei Tage bei der Polizei melden und unterschreiben. Gestern hatte die Polizeistation Neu-Arzl geschlossen, er und ein Begleiter sind zurück nach Hause gekehrt, nachdem sie sich beim Polizei-Notruf erkundigt hatten, dass er morgen zur Polizeistation kommen soll. Daraufhin wurde er am nächsten Tag inhaftiert“, heißt es.
Die Initiave „Bleiberecht für Mustafa“ hat eine Petition ins Leben gerufen, um die Ausweisung von Mustafa S. zu verhindern. „Stehen wir gemeinsam auf für Mustafa S. und alle anderen von dem türkischen Staat unterdrückten Menschen. Verhindern wir diese Abschiebung und setzen ein Zeichen. Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord, Bleiberecht für alle jetzt sofort“, so der Zusammenschluss.