36 Oppositionelle wegen „HDK-Ermittlungen“ festgenommen

Im Zuge der seit Freitag in der Türkei rollenden Repressionswelle gegen den HDK befinden sich 36 von mehr als vierzig Gesuchten in Polizeigewahrsam. Die Überstellungen an die Staatsanwaltschaft sollen erst Anfang der Woche erfolgen.

In der westtürkischen Hafenstadt Tekirdağ befinden sich 36 Oppositionelle seit Freitag in Polizeihaft. Hintergrund ist eine neuerliche Repressionswelle gegen den Demokratischen Kongress der Völker (HDK), dem Organisierungsgremium hunderter Gruppen und politisch Handelnden, aus dem die HDP hervorgegangen ist. Insgesamt sollen 42 Personen im Rahmen des von der Generalstaatsanwaltschaft Tekirdağ geführten Ermittlungsverfahrens zur Fahndung ausgeschrieben sein.

Zu den Festnahmeoperationen war es gestern in elf Provinzen des Landes gekommen, darunter in Edirne, Izmir, Mêrdîn (tr. Mardin) und Çewlîg (Bingöl). In Istanbul hatte die Polizei den Hauptsitz des HDK im zentralen Stadtteil Beyoğlu gestürmt, Türen eingeschlagen und Büroräume verwüstet. Während der Rechtsbeistand aufgrund einer Geheimhaltungsklausel noch immer keinen Zugang zu den Akten hat, lieferten regierungsnahe Blätter der türkischen Presse schon am Freitag detaillierte Angaben zu den Hintergründen der Ermittlungen: sogenannte „Terrorismusbeschuldigungen“.

So werfe die Staatsanwaltschaft Tekirdağ den Betroffenen der Repressionswelle vor, „im Sinne der Ziele der PKK“ zu handeln. Der HDK sei zur „Verwirklichung der demokratischen Autonomie“ als ein parlamentsähnliches Gebilde aufgebaut worden, um als „Alternative“ zur türkischen Nationalversammlung zu agieren. Diese Struktur sei „inhaltlich und organisatorisch eindeutig identisch“ mit dem Paradigma der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans), dem Dachverband der kurdischen Befreiungsbewegung, dem auch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angehört. In Berichten der regierungsnahen türkischen Presse wird das Ermittlungsverfahren als „Operation gegen die West-Struktur der KCK“ bezeichnet.

Bei den bislang im Zuge der „HDK-Ermittlungen“ festgenommenen Personen handelt es sich hauptsächlich um führende Mitglieder der HDP, darunter Abdurrahman Öztürk von der Parteizentrale in Ankara, Kenan Yıldız vom Parteirat und diverse Ko-Vorsitzende von Kreis- und Provinzverbänden verschiedener Städte. Unter ihnen ist nach Anwaltsangaben auch ein Krebspatient, der in einem Krankenhaus während einer Chemotherapie in Gewahrsam genommen worden sein soll. Außerdem befinden sich mehrere Ärzt:innen und Lehrer:innen, die innerhalb des linken Gewerkschaftsverbands DISK organisiert sind, in Polizeihaft. Alle Betroffenen werden im Polizeipräsidium Tekirdağ festgehalten, am Sonntag sollen die polizeilichen Verhöre beginnen. Die Überstellung an die Staatsanwaltschaft sei für kommenden Montag beziehungsweise Dienstag vorgesehen.