Amnesty International prangert Einsatz von Gummigeschossen durch Polizei an

Der Missbrauch von Gummi- und Plastikgeschossen bei Polizeieinsätzen gegen Protestierende ist laut Amnesty International weltweit für eine steigende Zahl von Verletzten und Toten verantwortlich. In einem Bericht werden Tausende Fälle aufgelistet.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert einen weltweiten Anstieg der Gewalt gegen Demonstrierende bei oft friedlichen Protesten. Sicherheitskräfte auf der ganzen Welt würden routinemäßig Gummi- und Plastikgeschosse sowie anderen Waffen gegen Protestierende einsetzen und damit immer mehr schwere Verletzungen und Todesfälle verursachen, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichen Bericht der Organisation.

In dem Bericht mit dem Titel „My Eye exploded“ (Mein Auge explodierte), der in Kooperation mit der britischen Forschungsorganisation Omega Research Foundation entstand, stützt sich Amnesty International auf Recherchen in rund 30 Ländern über die vergangenen fünf Jahre hinweg. Darin werden Verletzungen und Verstümmelungen von Tausenden Demonstrierenden und Umstehenden sowie der Tod Dutzender Menschen dokumentiert. Sie seien Opfer eines rücksichtslosen und oft missbräuchlichen Einsatzes von Waffen und Projektilen wie Gummi- und Plastikgeschossen, gummierten Schrotkugeln und Tränengasgranaten geworden, heißt es in dem Report.

Es gebe „eine besorgniserregende Zunahme bei Augenverletzungen wie Rissen im Augapfel, Netzhautablösungen oder dem vollständigen Verlust des Augenlichts, außerdem Knochen- und Schädelbrüche, Hirnverletzungen, Rupturen innerer Organe und Blutungen, Herz- und Lungenverletzungen durch gebrochene Rippen, Schäden an den Genitalien und psychische Traumata“, betont Amnesty International. Dokumentiert wurden solche Fälle unter anderem in Ägypten, Irak, Israel, Frankreich, Griechenland und Iran, wo das Mullah-Regime seit Monaten mit brutalen Methoden versucht, die „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolte, die sich am staatlichen Femizid an der Kurdin Jina Mahsa Amini entzündete, zu unterdrücken.

Seit die Proteste in Iran im vergangenen September ausbrachen, ist mehrfach von Menschenrechtsorganisationen und Medieneinrichtungen dokumentiert worden, dass iranische Polizisten, Revolutionsgarden und Basidsch-Milizen gezielt auf die Augen und auf Geschlechtsorgane der Demonstrierenden geschossen haben. Nach Recherchen des französischen Fernsehsenders France 24 handelt es sich bei der dabei verwendeten Munition unter anderem um Schrotpatronen des französisch-italienischen Herstellers Cheddite, die für die Jagd bestimmt sind.

Das Kurdistan Human Rights Network berichtete von diversen Vorfällen, bei denen Demonstrierende in Iran durch Geschosse irreparable Schäden am Auge erlitten.


Für die Zukunft fordert Amnesty International bindende globale Regelungen und Kontrollen bei der Herstellung und des Handels mit diesen offiziell „weniger tödlichen Waffen“ sowie grundlegende Richtlinien für den Einsatz von Gewalt bei Protesten. In den vergangenen Jahren hätten die Verfügbarkeit und der Einsatz von Gummigeschossen weltweit zugenommen, obwohl solche Waffen nach internationalen Standards nur in Situationen, in denen gewalttätige Personen eine unmittelbare Bedrohung für andere Menschen darstellen, eingesetzt werden dürfen. Das Ziel von Amnesty International ist daher ein von den Vereinten Nationen (UN) gestützter Vertrag über einen Handel ohne Folter – „Torture-Free Trade Treaty“ – für den sich neben der NGO auch rund 30 weitere Organisationen starkmachen.