Prozess gegen linke Aktivisten in Hannover

Am Amtsgericht Hannover wird am Montag gegen dreizehn Aktivist*innen verhandelt, die Einspruch gegen Bußgeldbescheide wegen angeblichem Verstoß gegen die Coronaverordnung bei einer Solidaritätskundgebung für Geflüchtete auf Moria eingelegt haben.

Wie der Ermittlungsausschuss (EA) Hannover mitteilt, kommt es am Montag (2. November) am Amtsgericht Hannover zur Hauptverhandlung gegen mehrere Aktivist*innen, welche Einspruch gegen Bußgeldbescheide eingelegt haben. Ihnen wird vorgeworfen am 11. April auf der Limmerstrasse in Hannover bei einer spontanen Kundgebung gegen die Corona-Allgemeinverfügung verstoßen zu haben. Bei der Kundgebung ging es darum, Solidarität mit Geflüchteten in Moria sowie Obdachlosen und Betroffenen häuslicher Gewalt zum Ausdruck zu bringen. Denn für all diese und weitere Leute war und ist es nicht möglich, coronakonform „einfach zu Hause zu bleiben“. Die 50 Protestierenden demonstrierten mit Mund-Nasen-Schutz in Zweiergrüppchen mit Mindestabstand und wurden dann von einem Großaufgebot der Polizei eingekesselt.

„Gegen einen Demonstrierenden, der seinen Mund-Nasen-Schutz nicht ablegen wollte, wurde von Seiten der Polizei mit Gewalt reagiert. Kurz darauf wurden Protestierende sowie zufällig anwesende Passant*innen auf engstem Raum eingekesselt. Um die Demonstrierenden für die Durchsetzung der ausgesprochenen Platzverweise identifizieren zu können, wurden sie genötigt, ihren Mund-Nasen-Schutz abzulegen. Auf die Aufforderung der Gekesselten an die Polizei, die Sicherheitsabstände einzuhalten, reagierten diese mit Drohungen und Schubsen. Keine*r der eng  zusammenstehenden Polizist*innen trug eine Maske – die wenigsten Handschuhe”, so der EA.

Damals hatte der Ermittlungsausschuss bereits treffend festgestellt: „Erst durch das Einschreiten der Polizei wurde die Situation für alle Beteiligten gefährlich und ein unnötiges Risiko für die Ansteckung mit Coronaviren produziert.“ Die Polizei leitete 15 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz ein. „Uns vorzuwerfen, wir wären unvorsichtig mit dem Infektionsschutz umgegangen, ist absurd“, erklärte eine Demonstrantin im April. „Die Verstöße gegen die Schutzmaßnahmen wurden von der Polizei begangen.“

Die Rechtshilfegruppe kritisierte damals diesen Umgang der Polizei mit der Versammlungsfreiheit. Linke Aktivist*innen hätten schon in den vorherigen Wochen mehrfach gezeigt, dass die freie Meinungsäußerung auf der Straße auch unter Beachtung des Infektionsschutzes möglich sei. Dass die Polizei dies zu verhindern versuche, sei gefährlich: „Da wird ein zentrales demokratisches Grundrecht außer Kraft gesetzt“, sagte eine EA-Sprecherin.

Einige Tage nach dem Vorfall wurde die Corona-Allgemeinverfügung vom Verwaltungsgericht Hannover für rechtswidrig erklärt, da sie das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht ausreichend berücksichtige. Trotzdem erhielten dreizehn Aktivist*innen Bußgeldbescheide über 200 Euro wegen Verstoß gegen die Verordnungen und damit gegen das Infektionsschutzgesetz.

Da das Versammlungsverbot verfassungswidrig war und die einzigen Menschen, die sich in der Situation rücksichtslos verhalten haben, Polizist*innen waren, wollen die meisten Betroffenen keine Strafe zahlen, sondern wehren sich dagegen vor Gericht. Der Prozess findet statt am Amtsgericht Hannover, Volgersweg 1, Beginn der Verhandlung: 9.25 Uhr Saal 3014 sowie 9.30 Uhr Saal 2170 (Altbau).