Veranstaltungsreihe: Im Kampf die neue Gesellschaft aufbauen

Mitte Mai startet eine anspruchsvolle Veranstaltungsreihe der Initiative Geschichte und Widerstand zur Idee der Kommune im historischen Prozess und dem Verständnis von Kommunen in der kurdischen Bewegung.

Am 13. Mai startet die Veranstaltungsreihe „Die Kommune – Im Kampf die neue Gesellschaft aufbauen“ der Initiative Geschichte und Widerstand. Die Veranstaltungsreihe setzt sich mit dem Verständnis der Kommune in der kurdischen Bewegung auseinander und will davon ausgehend die Idee der Kommune im historischen Prozess skizzieren. Die Initiative will mit diesen Diskussionen einen Beitrag zum Aufbau des Demokratischen Konföderalismus leisten.

In der kapitalistischen Moderne, wie Abdullah Öcalan die heutige Zeit beschreibt, sind die Gesellschaften mit großen Herausforderungen und Problemen konfrontiert. Nationalstaaten und Kapitalinteressen haben sich über alle Flächen der Erde und in alle Poren der Gesellschaften eingeschrieben und die Fähigkeit zur Selbstorganisierung angegriffen. Macht, Sexismus und Rassismus spalten die Gesellschaft und führen zu Feminiziden und Genoziden. Moralische gesellschaftliche Werte wie Frieden, Solidarität und die Würde von Mensch und Natur werden immer bedeutungsloser und ohne zu zögern den Staats- und Kapitalinteressen untergeordnet. Durch Industrialismus, Profit und Krieg, spitzt sich die ökologische Krise weiter zu und vernichtet zusehends die Natur und somit die Lebensgrundlage der Menschen. Durch die kapitalistischen Besitzverhältnisse und Produktionsweisen wird die Ungleichheit der Menschen immer größer, soziales Leben immer weiter zerstört und den Gesellschaften werden ihre Werte und ihre Autonomie geraubt.

Mit ihrem Paradigma einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft, hat die kurdische Freiheitsbewegung einen konkreten Vorschlag zur Lösung der Probleme der kapitalistischen Moderne gemacht und begonnen, diese in Kurdistan in die Praxis umzusetzen. In diesem Modell stellen Kommunen und Räte die Basis für eine Organisierung der Gesellschaft, ihre Selbstverwaltung, politische Willensbildung und Verteidigung dar. Sie sind die Basis der regionalen demokratischen Autonomien, die sich im Demokratischen Konföderalismus zu einem gemeinsamen System zusammen schließen.

In der kommenden Veranstaltungsreihe will die Initiative die Idee der Kommune in ihrem historischen Prozess nachzeichnen: Angefangen beim kommunalen Leben erster Stammesgesellschaften und Dorfgemeinschaften über die Pariser Kommune und die Räterepubliken in Deutschland bis hin zur Revolution in Kurdistan. „Wir wollen Persönlichkeiten der vergangenen Kämpfe kennenlernen, genauso wie jüngste Versuche des Aufbaus von Kommunen in städtischen Nachbarschaften. Wir wollen all diese Kämpfe als Teil der Geschichte der demokratischen Gesellschaften in Verbindung setzen und diskutieren, wie die Kommune noch heute eine Lösung der gesellschaftlichen Herausforderungen in der kapitalistischen Moderne sein kann“, teilt die Initiative Geschichte und Widerstand mit.

Übersicht der geplanten Veranstaltungen

An den Veranstaltungen kann über den Online-Dienst Zoom teilgenommen werden. Die Zugangslinks finden sich im folgenden Text und auf der Webseite der Veranstaltungsreihe. Informationen zur Teilnahme via Telefon sind dort ebenfalls zu finden.

Veranstaltung am 13. Mai: „Die Kommune im Fluss der demokratischen Zivilisation“

150 Jahre ist es her, seit die Pariser Kommune einmal mehr bewies, dass sich die Gesellschaft durchaus ohne Staat und Herrschaft organisieren kann. So wurden die Tage der Pariser Kommune im Jahre 1871 wichtiger Bezugspunkt für viele spätere kämpfende Bewegungen. Doch war die Pariser Kommune keineswegs der Beginn gesellschaftlichen Strebens nach Gleichheit und Freiheit. Vielmehr blühte in ihr die zu allen Zeiten existierende moralisch-politische Gesellschaft auf.

Mit Abdullah Öcalans Analysen der Geschichte der demokratischen Zivilisation finden wir den Geist der Kommune und Formen kommunalen Lebens in Stammesgesellschaften, in dörflichen Markgenossenschaften, in der Pariser Kommune und in errichteten Räten im Zuge der Novemberrevolution. Und auch die Revolution in Kurdistan knüpft an diese Formen des kommunalen Lebens im Aufbau von Räten und Kommunen an. Denn die gesellschaftliche Selbstorganisierung an der Basis stellt die Grundlage für den Aufbau einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft dar.

Zugangslink: https://zoom.us/j/97121294548

Veranstaltung am 3. Juni: „Die Pariser Kommune“

In der Geschichte der demokratischen Zivilisation kommt der Pariser Kommune eine wichtige Rolle zu. Während des deutsch-französischen Krieges, zweier Mächte um die Hegemonie in Europa, entsteht die Kommune von Paris. Es war die erste sozialistische Selbstverwaltung in einer der größten europäischen Wirtschaftsmetropolen des 19. Jahrhunderts, in der die Bevölkerung von Paris die Verwaltung der Stadt selbst in die Hand nahm. In den 72 Tagen der Kommune wurden praktische Lösungen für die gesellschaftlichen Probleme gefunden. So wurde die militärische Verteidigung von den Bürger*innen in Paris selbst organisiert und durch die inneren Strukturen der Selbstverwaltung wurde verhindert, dass diese wieder selbst zum Staat wurden. Organisiert wurden die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung, der Zugang zu Wohnraum und kollektive Formen der Wirtschaft. Über die autonomen Strukturen wurden die Frauen in der Gesellschaft gestärkt. Doch im Moment der sozialen Revolution, stellten die Herrschenden des Deutschen Reichs und Frankreichs ihre konkurrierenden Interessen zurück. Der sozialistische Versuch wurde blutig niedergeschlagen.

Auf der Veranstaltung spricht der Historiker und Autor Florian Grams.

Zugangslink: https://zoom.us/j/96249695209

Veranstaltung am 17. Juni: „Louise Michel und die Pariser Kommune“

In der Pariser Kommune spielten Frauen eine entscheidende Rolle, auch wenn sie nicht im Kommunerat von Paris vertreten waren. In den Bildungseinrichtungen, politischen Clubs, bei der Versorgung der Verwundeten und in kämpfenden Bataillonen zur Verteidigung der Stadt, nahmen Frauen ihren Platz in der Revolution ein. Damit veränderten sich die traditionellen Frauenrollen in der Gesellschaft und sozialen Beziehungsweisen. Eine der zentralen Persönlichkeiten war Louise Michel. An ihrem Leben lassen sich die Hoffnungen und Wünsche der Frauen nachzeichnen, die mit der Pariser Kommune verbunden wurden.

Zugangslink: https://zoom.us/j/95541653093

Veranstaltung am 24. Juni: „Erich Mühsam und die Räterepublik“

Erich Mühsam war ein deutscher Anarchist und Schriftsteller, der mit seinen Werken und Schaffen bis heute eine wichtige Grundlage zur Analyse der gesellschaftlichen Potenziale bietet. Nach seinen Erfahrungen in der Münchner Räterepublik von 1919 suchte er die Annäherung zwischen anarchistischen und kommunistischen Ideen und schuf in den folgenden Jahren ein umfassendes Werk, das 1932 kurz vor seiner Ermordung durch die Nazis im Jahr 1933 noch veröffentlicht werden konnte. In „Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat“ finden sich viele Parallelen zum Paradigma der kurdischen Bewegung und dem Demokratischen Konföderalismus, wodurch Mühsams Vorschläge eine neue Aktualität bekommen.

Zugangslink: https://zoom.us/j/92817782222

Veranstaltung am 15. Juli: „Räte und Kommunen in Theorie und Praxis der kurdischen Freiheitsbewegung“

Seit der Pariser Kommune ist die Organisierung der Gesellschaft in Räten und Kommunen ein grundlegender Bestandteil revolutionärer Perspektiven. Auch in der Revolution in Kurdistan nehmen Räte und Kommunen einen wichtige Rolle ein, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Sie bilden die Basis der sich im Aufbau und Widerstand befindenden „demokratischen Autonomien“ in Nordkurdistan, Südkurdistan, Rojava und Europa und begreifen sich als Teile der gemeinsamen Idee des Demokratischen Konföderalismus. Ihnen kommt, wie auch in der Kommune von Paris, die Bedeutung zu, konkrete Organisationsform der Gesellschaft im Kampf um Befreiung zu sein sowie die gesellschaftliche Selbstverwaltung aufzubauen. Auf dem Land und in den Nachbarschaften sind sie die zentralen Orte der politischen Willensbildung, der Selbstverteidigung und der Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensnotwendigen.

Auf der Veranstaltung sprechen Vertreter*innen der kurdischen Bewegung.

Zugangslink: https://zoom.us/j/98352138347

Veranstaltung am 29. Juli: „Kiezkommunen aufbauen“

Die Kommune lebt! Das sehen wir auch heute noch, etwa im Aufbau von Stadtteilinitiativen und Kiezkommunen. Als gesellschaftliche Kraft von der Basis ausgehend, die gesellschaftlichen Probleme im kommunalen Zusammenhang lösend und zur politischen Willensbildung beitragend, knüpfen sie an die Erfahrungen aus Kurdistan wie auch rätedemokratischer Bewegungen in Europa an. So werden seit einigen Jahren Erfahrungen in der lokalen Selbstorganisierung in Stadtteilen gesammelt, die bewertet und reflektiert werden können. Sollten wir den Aufbau von Kommunen und Räten in den Städten und Dörfern zum strategischen Kernpunkt politischer Praxis werden lassen? Wie gestaltet sich das Verhältnis der Nachbarschaft zu politischen Aktivist*innen, die sich dem Aufbau der Kiezkommunen verschrieben haben?

Auf der Veranstaltung sprechen Vertreter*innen der Kiezkommune Stadtfeld aus Magdeburg.

Zugangslink: https://zoom.us/j/92955202121