Murat Karayılan ruft zur Mobilisierung für Efrîn auf

Das Vorstandsmitglied der PKK Murat Karayılan erklärte, dass die Türkei in Efrîn eine historische Niederlage erfahren würde und rief im kurdischen Fernsehsender Stêrk TV zu einer Mobilisierung für Efrîn auf.

Karayılan betonte: „Wir sind im Moment nicht dort. Die PKK ist etwas anderes als die YPG, und die PYD ist ebenfalls eine andere Struktur. Aber wenn es zum Angriff kommt, dann werden wir alle zusammenstehen.“

Karayılan benannte den Widerstand in den nordkurdischen Städten bzw. Stadtteilen Sûr und Nisêbîn als Beispiel dafür, dass die Türkei in Efrîn niemals Erfolg haben werde.

Karayılan stellte klar: „Ich glaube daran, dass wenn die AKP-MHP Efrîn angreifen, die Kämpfer*innen und die Bevölkerung mit ihrem Widerstand die notwendige Antwort geben wird und dass die AKP-MHP eine historische Lehre erhalten werden. Das ist unsere Hoffnung und Überzeugung, dass so wie der IS und die AKP in Kobanê katastrophal gescheitert sind, die AKP und MHP in Efrîn untergehen werden.“

Karayılan hob hervor, dass wenn türkische Kriegsflugzeuge Efrîn angreifen dies bedeute, dass Russland dem Angriff zugestimmt habe. In der Fernsehsendung ordnete er ebenfalls die Rolle Russlands und der USA in seiner Bewertung ein.

Murat Karayılan bewertete den Angriff auf Efrîn folgend:

Der türkische Staat kann nicht in Efrîn eindringen

Unsere ehrenwerte Bevölkerung von Efrîn und auch die Bevölkerung von ganz Kurdistan soll folgendes wissen, das türkische Militär ist nicht so mächtig. Das türkische Militär konnte neun Monate lang nicht in Nisêbîn eindringen. Es hat ein Nisêbîn-Syndrom erlebt. Alle Soldaten, die dort gekämpft haben, sind krank, viele sind verrückt geworden und in Krankenhäuser eingeliefert worden. Viele sind von der Front geflohen und haben ihren Dienst quittiert. Und wann konnten sie in Nisêbîn eindringen? Nicht nur in Nisêbîn, wann konnte sie in Şirnex, Cizîre und Sûr eindringen? Erst dann, als sie gesehen haben, dass den Widerstandskämpfer*innen die Munition ausgegangen war, als keine B-7 Raketen und kein Sprengstoff mehr da war, dann sind sie mit Panzerfahrzeugen reingegangen.

Vor den Augen der ganzen Welt haben sie sich drei Monate lang vor al-Bab abgemüht. Sie haben den Cebel Akılı am Eingang von Bab eingenommen und erklärt: „Jetzt haben wir den wichtigsten Punkt genommen.“ Aber das war eine Falle, die der IS ihnen gestellt hatte. Danach umzingelte der IS sie, tötete Dutzende, nahm ihnen die Panzer weg und einige Soldaten als Geiseln, einige konnten durch Flucht ihr Leben retten. Dann hat der IS die die gefangenen Soldaten verbrannt. Und wie hat die Türkei dann Bab eingenommen? Sie sind mit der Hilfe Russlands und einer Verständigung mit dem IS, nachdem er sich zurückgezogen hatte, nach Bab einmarschiert. Also der türkische Staat macht viel Lärm, pflegt sein Image, aber kann keinen Krieg führen. Wir führen mit diesem Staat 35 Jahre lang Krieg und kennen ihn daher gut. Der türkische Staat kann nicht in Efrîn eindringen. Aber er wird kämpfen. Denn der türkische Staat weiß eines gut, wenn er nicht kämpft, dann verliert er vollständig. Er möchte, wenn er die Möglichkeit findet und Russland es erlaubt, an einigen Punkten Krieg führen. Aber das bedeutet nicht, dass er nach Efrîn eindringen kann.

Die Haltung der USA ist unaufrichtig

So wie es in Syrien Kräfte aus der ganzen Welt gibt, wird ohne Zweifel auch der, von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) angeführte Widerstand in Kommunikation mit diesen Kräften geführt. Denn die YPG, die YPJ und die QSD haben in Rojava nicht nur für sich selbst gekämpft, sie haben für die ganze Menschheit gekämpft. Sie haben die Hauptstadt des IS erobert. Diese Kraft ist dafür bekannt, die Hauptstadt des IS zu Fall gebracht zu haben. Diese Kraft hat sich im Kampf gegen El Nusra und den IS organisiert und die Weltmächte unterstützt. Aber manche Dinge wenden sich.

Diese Kräfte nähern sich sehr berechnend den Erpressungen der Türkei an. So macht zum Beispiel jemand aus der amerikanischen Regierung eine Erklärung. Diese Erklärung war in Wirklichkeit eine provokative Erklärung. Sie haben die Türkei, Syrien und den Irak gegen die Kurd*innen von Rojava angestachelt. Dann sagten sie: „Wir verstehen die Sorgen der Türkei sehr gut“, und wir „sind nicht in Efrîn und verteidigen es auch nicht“. Das heißt im Klartext „Ihr könnt in Efrîn einmarschieren“. Wenn es nicht so ist und ihr mit den QSD zusammen gegen den IS arbeitet, dann ist doch klar, dass ein Teil der QSD sich auch in Efrîn befindet! Es ist doch eine Organisation, nicht wahr? Also folglich gibt es da eine Form der Unaufrichtigkeit. Sie stacheln mit ihren Reden sowohl die Hegemonialstaaten gegen Kurdistan an und sagen danach „und Efrîn verteidigen wir sowieso nicht“. Ich sage dazu dies, die Verantwortlichen der YPG und der QSD sollten diese Situation kommentieren können. Dass sich eine Macht als „Internationale Macht“ bezeichnet und sich selbst so groß darstellt, aber dann auf der einen Seite provoziert und sich auf der anderen Seite zurückzieht! Diese Herangehensweise ist wirklich sehr verdächtig und besorgniserregend. Es handelt sich offensichtlich um eine unaufrichtige Haltung.

Warum sind Sotschi und Genf nicht erfolgreich?

Dass Sotschi-Treffen in Russland wurde schon so oft verschoben. Warum? Die Kurd*innen sind eine Realität und eine Kraft. Wenn man den Kurd*innen nicht erlaubt an dem Treffen teilzunehmen, dann kommt dabei nichts heraus. Wenn die Kurd*innen teilnehmen, dann stellt sich die Türkei dagegen. Es wird eine Lösung gesucht, die beide Seiten zu frieden stellt. Aber die Türkei ist ein rassistischer Staat. Was ist also notwendig? Es ist notwendig, das Problem offen zu diskutieren. Schaut, Sotschi, eine internationale Plattform, ist festgefahren. Warum? Wegen der Kurd*innen. Genf kann auch nicht zum Erfolg kommen. Warum? Weil die Kurd*innen nicht teilnehmen. Nicht einmal mit einem Teil der Kraft, die ein Drittel Syriens kontrolliert sind sie bereit sich zu treffen. Warum? Weil die Türkei dagegen ist. Das Problem der Türkei ist die Verleugnung der Realität des kurdischen Volkes, sie sieht alle Kurd*innen als Terroristen an. Sie macht eine rassistische Politik gegen Kurd*innen. Wenn diese Staaten die Welt wirklich regieren wollen, dann müssen sie gerecht sein. Sie müssten der Türkei „Stopp“ sagen. Sie müssten sagen: „Es gibt Kurd*innen und ihr könnt sie nicht alle als Terroristen bezeichnen. Und die Kurd*innen sind ein entscheidender Faktor in Syrien. Ihr macht einen Fehler.“ Aber das sagen sie nicht, denn sie sind auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Deswegen messen sie mit zweierlei Maß.

Ich weiß nicht ganz genau, aber auf jeden Fall sagen sie den Vertreter*innen der Revolution von Rojava das eine und der Türkei etwas anderes. Deswegen werden sie sowohl von Russland als auch den USA immer wieder ins Abseits gestellt. Der richtige Schritt wäre, endlich die kurdische Frage in der Region offen zu diskutieren.

Es muss endlich den Frechheiten Erdoğans mit „Es reicht!“ entgegnet werden

Die Kräfte der Welt sollten wissen, dass es im Mittleren Osten keine Lösung ohne die Lösung der kurdischen Frage geben kann. Die kurdische Frage ist wichtig. Bis die kurdische Frage gelöst ist, wird auch im Mittleren Osten keine Ruhe einkehren. Bis die kurdische Frage in Syrien nicht gelöst ist, ist es nicht möglich ein neues, demokratisches Syrien aufzubauen. Es ist nun notwendig, dass jemand aufsteht und diese Realität der Türkei gegenüber offen in Begriffe fasst. Aber sie trauen sich nicht, der Türkei diese Wahrheit zu sagen. Wovor haben sie Angst? Es ist nicht, weil die Türkei so stark ist –, eigentlich ist die Türkei dahinter her sich selbst zu verkaufen, ja zu verschenken. Sie sagen es nicht, weil sie wissen, dass ihnen dann die Geschenke, die sie von der Türkei erhalten, fehlen werden. Aber wir sagen, jetzt ist die Zeit dafür gekommen. Jetzt müssen alle Kräfte, die auf der Seite der Stabilität stehen, die Weltöffentlichkeit und besonders die humanistischen und demokratischen Kräfte, diejenigen, die an der Seite der Menschenrechte stehen, diejenigen, die wollen, dass alle Menschen hier frei leben, gegenüber dem Rassismus der Türkei „Es reicht!“ sagen. Jetzt muss den Frechheiten Erdoğans und seinen Angriffen gegen die Kurd*innen „Schluss jetzt“ gesagt werden. Das ist jetzt notwendig. Ob sie das sagen werden, oder nicht, weiß ich nicht, aber das wäre das Richtige.

Wenn man für Gerechtigkeit eintreten will, aufrichtig sprechen will und sich nicht gegenseitig betrügen will, dann muss man die kurdische Frage offen diskutieren. Der türkische Staat praktiziert in seinen eigenen Grenzen eine völkermörderische Politik gegenüber den Kurd*innen und möchte diese auch in den anderen Teilen Kurdistans umsetzen. Dass muss offen angesprochen werden.

So sagen US-Regierungsvertreter*innen: „Wir verstehen die Sorgen der Türkei und wir stehen im Kampf gegen den Terror an ihrer Seite“, aber der türkische Staat bezeichnet alle Kurd*innen als „Terroristen“. Ist denn die Demokratische Partei der Völker HDP terroristisch? Alle Kovorsitzenden der HDP sind inhaftiert, so viele kurdische Politiker*innen sind im Gefängnis, in welchen Terror waren sie verwickelt? Sie wollen Demokratie, sie wollen Menschenrechte und der türkische Staat ist dagegen. Der türkische Staat übt selbst Terror gegenüber der kurdischen Bevölkerung aus. Der türkische Staat terrorisiert Kurdistan. Wer hat die Menschen in den Kellern von Cizîre mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt? Die ganze Welt muss diese Realität wahrnehmen. Die Grausamkeiten der AKP in Kurdistan, den Terror und den Faschismus muss sie wahrnehmen und thematisieren. Wenn sie dies nicht ins Zentrum rückt, werden diese Widersprüche fortbestehen.

Aber wir als PKK und als kurdisches Volk haben folgende Perspektive: Wir erzählen der ganzen Welt diese Wahrheit. Wir lehnen uns an niemanden an. Wir stützen uns auf uns selbst. Wir selbst sind unsere Partner. Vor zehn Jahren haben Freund*innen ein Buch geschrieben, dort gab es folgenden Ausdruck „Die strategischen Partner der Kurd*innen sind sie selbst und die Berge“. Ich habe jetzt ähnliche Äußerungen aus südkurdischen Regierungskreisen gehört. Das ist die richtige Herangehensweise. Das ist die Wahrheit, unsere eigentlichen Partner sind wir selbst. Wir werden uns nur an die Berge anlehnen. Wir können eine solche Kraft und einen solchen Willen hervorbringen.

Aufruf an die Welt: Werdet keine Komplizen des Faschismus

Aber wir sagen es der ganzen Welt, allen demokratischen Kräften der Welt. Werdet keine Komplizen des Faschismus. Und wir sagen dies auch zum Beispiel Herrn Putin: Der türkische Staat betreibt eine völkermörderische Politik gegen die Kurd*innen. Seien sie kein Komplize. Sie machen Massaker in Kurdistan und sie wollen ein Massaker in Efrîn anrichten. In Efrîn leben eine Million Menschen und wir wissen sehr genau, dass die Türkei in Efrîn nicht eingreifen kann, wenn Russland es nicht erlaubt. Im Moment wird Efrîn mit Artillerie, mittleren und schweren Waffen angegriffen. Aber es gibt keine Bodenoperation. Das türkische Militär rückt bisher nicht vor. Aber der türkische Staat möchte die Luft ebenfalls nutzen, aus der Luft beobachten, zuschlagen und am Boden vorrücken. Denn ohne das kann er am Boden nicht vorwärtskommen. Aber unter wessen Kontrolle steht der Luftraum? Der Luftraum steht unter russischer Kontrolle. Das bedeutet, wenn Kriegsflugzeuge über Efrîn fliegen, dann tragen sie vielleicht eine türkische Fahne, aber es bedeutet, dass sie von Russland geschickt worden sind. Das heißt, das sind Russlands Kriegsflugzeuge. Das wird die Öffentlichkeit und das kurdische Volk so verstehen. Warum? Weil der Luftraum über Syrien und Efrîn unter der Kontrolle russischer Technologie steht. Lassen wir mal die Überflüge über Efrîn bei Seite, selbst wenn die Flugzeuge nur hundert Meter über die Grenze fliegen, könnte Russland das sofort verhindern.

Wenn die Kriegsflugzeuge angreifen, dann geschieht das mit russischer Erlaubnis

Deshalb sollten die Öffentlichkeit und unsere Bevölkerung wissen, wenn türkische Kriegsflugzeuge Efrîn angreifen, dann heißt das, dass dies mit der Erlaubnis Russlands geschieht – also das Russland angreift. Deswegen appellieren wir insbesondere an die russische Regierung und hoffen, dass sie sich nicht zum Teil von Erdoğans schmutzigen Spielen machen lassen. Das erwartet das kurdische Volk. Wenn es zu einem Angriff kommt, dann handelt es sich um einen Verrat der großen Staaten. Im Moment gibt es dort russische Soldaten, sie haben dort geholfen. Sie haben die Kräfte der YPG und QSD dort unterstützt. Und offiziell geht diese Unterstützung auch weiter. Daher wäre es ein Verrat, wenn sie den türkischen Flugzeugen nun den Weg freimachen. Deswegen hoffen wir, dass sich die russische Regierung nicht in eine solche Position drängen lässt. Es ist richtig, der türkische Staat hat in dieser Hinsicht seine Hoffnungen. Erdoğan bemüht sich intensiv darum. Die Erpressungen gegenüber Amerika richten sich im Wesentlichen gegen Russland. Sie versuchen Russland ebenso wie Amerika hinter sich zu bekommen. Und wenn nötig, dann nimmt man eben eine antirussische Haltung ein.

Die eigentliche Bedrängnis der Türkei liegt in Idlib. Es hat eine gemeinsame Operation von Syrien und Russland begonnen und es gab schwere Angriffe auf die Basis Himemim. Richtig, der russische Präsident Putin sagte: „Wir glauben nicht, dass diese Angriffe die Handschrift der türkischen Regierung oder türkischer Soldaten tragen.“ Aber es gibt eben auch die Realität, dass alle Gruppen, die sich in Idlib befinden, ohne Erlaubnis des türkischen Geheimdienstes nicht einmal auf die Toilette gehen dürfen. Daher ist es nicht möglich mit Flugzeugen so massiv, nicht nur einmal, sondern zweimal anzugreifen, ohne auf türkische Hilfe zurückzugreifen. Wenn die Türkei nicht unterstützt hat, wo sind denn dann diese Kleinflugzeuge hergekommen? Wie sind sie dahin gekommen und haben russische Basen angegriffen? Es ist vollkommen klar, dass das ein Plan des MIT war. Aber aus eigenem Interesse sagen sie: „Wir glauben nicht, dass die Türkei dahinter steht.“ Aber was wollen sie von uns als kurdischem Volk? Es gibt einen Feind des kurdischen Volkes, dieser Feind ist ein rassistischer – er reckt seine Hand um anzugreifen, kein Staat sollte dabei Komplize sein. Wenn der russische Staat seinen Vorteil in der Region schützen will, dann darf er kein Komplize der Aggressoren von der AKP sein. Das gleiche gilt für Amerika.

Unsere Bevölkerung muss diese wissen: In Efrîn, wie auch in Kurdistan vertrauen wir vor allem auf uns selbst. Aber es sollte niemand Komplize der schmutzigen Ambitionen der Türkei werden. Eigentlich sollten sie aus menschlicher Notwendigkeit dagegen aufstehen. Selbst wenn sie nicht dagegen aufstehen, so sollten sie zumindest keine Komplizen werden. Warum? Wenn niemand mit der Türkei zusammenarbeitet, niemand sie unterstützt, kann sie alleine nichts gegen das kurdische Volk ausrichten.