Kalifat vernichtet, ezidische Kinder befreit

In al-Bagouz befreite ezidische Kinder berichten, dass sie nach ihrer Entführung in einem Umerziehungslager des IS mit dem Namen „Zukunft des Kalifats“ militärisch ausgebildet und religiös indoktriniert worden sind.

Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben bei ihrer Offensive auf die letzten IS-Stellungen in al-Bagouz in den vergangenen Tagen mehrere ezidische Kinder und Frauen befreien können. Die Kinder berichten, sie seien nach ihrer Verschleppung aus Şengal im August 2014 in ein Camp mit dem Namen Ashbal al-Khilafa (Zukunft des Kalifats) gebracht worden. Dort mussten sie militärische Ausbildung und religiöse Indoktrination über sich ergehen lassen.

ANF konnte mit mehreren der geretteten Kinder über das erfahrene Leid sprechen. Sie berichten, dass es ihnen verboten worden war, Kurdisch zu sprechen. Sie wurden von ihren Familien getrennt und militärisch-religiös auf den IS eingeschworen.

Der 14-jährige E.X.H. aus Şengal berichtet, dass er im Alter von zehn Jahren zusammen mit seiner Familie verschleppt und in Tell Afar von ihr getrennt worden sei. Er habe nie wieder etwas von ihnen gehört. Anschließend wurde er mit vielen anderen ezidischen Kindern zusammen nach Mosul gebracht, wo er einer religiösen Umerziehung und einer militärischen Schulung unterzogen wurde. Er fährt fort: „Nachdem ich entführt worden war, ist Kurdisch verboten worden. Jetzt kann ich kein Kurdisch mehr sprechen.“

Mit vier Jahren verschleppt

X.Ş. wurde im Alter von vier Jahren verschleppt. Der heute Achtjährige tritt uns in IS-Militärkleidung, mit Handschuhen und Stiefeln gegenüber. Er erklärt uns, er sei bei einer Explosion verletzt worden. Weiter erzählt er, dass sich in seinem Hals ein Schrapnell befindet und dass er vom IS den Namen Abdullah erhalten hat. An seine Familie kann er sich nicht erinnern. Auf die Frage, ob er seinen Vater oder seine Mutter wiedererkennen würde, antwortet er: „Ich glaube nicht, dass ich sie wiedererkennen würde.“

„Zukunft des Kalifats“

X.Ş. berichtet von seiner religiösen und militärischen Ausbildung. Die Kinderlager wurden vom IS „Ashbal al-Khilafa“ (Zukunft des Kalifats) genannt. X.Ş. erzählt: „Dort wurden wir militärisch und im Koran ausgebildet. Wir konnten uns nicht frei bewegen. In der letzten Zeit hat sich jedoch niemand mehr um uns gekümmert, niemand hat danach gefragt, was wir taten.“

„Ich kenne meine Familie nicht, aber ich bin neugierig“

In diesen Lagern befanden sich viele Kinder. Als wir ihnen die Bilder der am vorigen Tag von den QSD befreiten Kindern zeigen, können sie alle mit Namen benennen. X.Ş. sagt: „„Ich kenne meine Familie nicht, aber ich bin neugierig.“ Er betont, dass er zu seiner Familie zurückkehren will. Die befreiten Kinder werden aus der Region gebracht und nach einer ersten Hilfe von den YPG/YPJ an die Mala Êzidiya (Ezidische Häuser) in Hesekê übergeben.

Tausende ezidische Frauen und Kinder entführt

Die QSD haben in den vergangenen vier Jahren hunderte ezidische Frauen und Kinder befreit und wieder mit ihren Familien zusammengebracht. Der IS hat nach dem Beginn des Massenmords am 3. August tausende ezidische Frauen und Kinder entführt und auf Sklavenmärkten verkauft.