Wie eine Journalistin als Spitzel angeworben werden sollte

Die JinNews-Korrespondentin Duygu Erol wurde im Zuge der Hausdurchsuchungen vor Newroz in Ankara festgenommen. In Polizeigewahrsam wurde sie zur Spitzeltätigkeit gedrängt.

Am 20. März wurde Duygu Erol, eine Korrespondentin der Frauennachrichtenagentur JinNews, bei einer Hausdurchsuchung festgenommen und vier Tage lang in der Antiterrorabteilung der Polizei Ankara festgehalten. Nach ihrer Freilassung wandte sie sich an den Menschenrechtsverein IHD und berichtete von ihren Erlebnissen im Polizeigewahrsam. Sie sei von Personen, die sich als „Einheit der öffentlichen Sicherheit“ (Kamu Güvenlik Timi, KGT) vorgestellt hätten, zum Spitzeldienst gedrängt worden. Die KGT ist in der Vergangenheit wiederholt im Zusammenhang mit Entführungen in die Schlagzeilen geraten.

„Nur einen Kaffee trinken“

Duygu Erol wurde nach eigenen Angaben während des Polizeigewahrsams aus ihrer Zelle geholt und in einen Raum gebracht, der für Anwaltsgespräche vorgesehen ist. „Als ich den Raum betrat, wurde hinter mir die Tür verschlossen. Vor mir saßen zwei mir unbekannte Personen. Sie erklärten, dass sie sich mit mir unterhalten wollten. Sie seien von der öffentlichen Sicherheit und wollten mit öffentlich Beschäftigten und Journalisten sprechen, die festgenommen worden seien. Sie sagten, dass sie nur einen Kaffee mit mir trinken wollten und ich freigelassen werden würde, wenn ich einwilligte. Andernfalls müsste ich ungefähr ein Jahr im Gefängnis bleiben. Dann erklärten sie, dass sie nicht von der Regierung seien und ich ganz entspannt sein sollte. Sie würden für den Staat arbeiten und das Gespräch werde geheim bleiben. Ich lehnte das Kaffeetrinken ab. Daraufhin sagten sie: ‚Hast du mal darüber nachgedacht, warum du hier bist? Schau, andere Journalisten schreiben, was sie wollen, und sind trotzdem frei. Wenn du einen Kaffee mit uns trinkst, schicken wir dich zur Ausbildung nach Frankreich. Auch deine Familie kann mitkommen. Wir bemühen uns seit drei Tagen um dieses Gespräch mit dir‘. Ich machte meine Ablehnung deutlich und verließ den Raum.“

„Eine Journalistin ist kein Spitzel“

Duygu Erol ist empört über die Situation, der sie ausgesetzt worden ist. Seit Beginn des Ausnahmezustands habe sich auch der Druck auf Journalist*innen erhöht, sagt sie. „Die Polizei nimmt uns mit fadenscheinigen Begründungen fest. In der Antiterrorabteilung lassen sie uns selbst mit unseren Anwält*innen nur begrenzt sprechen. Diese Personen, die sich als Mitarbeiter der öffentlichen Sicherheit bezeichnen, sperren uns in einen Raum und versuchen, uns zum Reden zu bringen. Sie drohen mit einem Haftbefehl und wollen uns eine Agententätigkeit aufdrängen. Sie wollen aus einer Journalistin eine Agentin machen! Wir haben es schon immer gesagt und sagen es wieder: Wir verteidigen das Recht der Bevölkerung auf Nachrichtenfreiheit und sind in diesem Sinne als Journalistinnen tätig. Eine Journalistin ist keine Agentin und auch kein Spitzel.“

Duygu Erol wurde nach vier Tagen mit Meldeauflagen aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Wegen des Anwerbeversuchs als Spitzel hat sie sich an den IHD gewandt. „Wir werden uns dem Druck niemals beugen“, sagt sie zum Schluss.