Türkei: Bilanz zur Repression gegen Journalist*innen

Die Repression gegen Journalist*innen in der Türkei wurde auch im ersten Monat des neuen Jahres fortgesetzt.

Während des bereits seit zwei Jahren anhaltenden Ausnahmezustandes hat der willkürliche Druck auf Journalist*innen in der Türkei stark zugenommen. Besonders seit Beginn des Angriffskrieges der türkischen Regierung gegen den nordsyrischen Kanton Efrîn ist die Repression noch deutlicher geworden.

Wir veröffentlichen den aktuellen Bericht der Zeitung Karınca über die Repression gegen Journalist*innen im Januar 2018.

2. Januar: Das türkische Amt für Informationstechnologien und Kommunikation (BTK) sperrt den Zugang zu den Internetseiten der Nachrichtenagentur Mezopotamya, der Nachrichtenplattformen 1HaberVar und Demokrat Haber sowie der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi.

4. Januar:

-Der Zugang zum monatlichen Bericht des CHP-Abgeordneten Barış Yarkadaş über Repressionen und Zensur gegen die Medien wird per richterlicher Verfügung blockiert.

-Der Journalist Hakan Gülseven wird in Bursa nach einer polizeilichen Personenkontrolle festgenommen.

5. Januar:

-Der Dichter Fadıl Öztürk, der auch für das Nachrichtenportal Artı Gerçek schreibt, wird nach Durchsuchung seiner Wohnung in Izmir festgenommen.

- Die Journalistin Ayşenur Arslan wird wegen „Beleidigung des Staatsoberhauptes“ zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

-Kerem Kocalar, Reporter der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Ajans, zeigt den inhaftierten Journalisten Ahmet Şık mit den Worten „Bei Gott, ich flehe Sie an, überprüfen Sie seine Tweets“ an. Infolgedessen werden Ermittlungen gegen Şık eingeleitet.

8. Januar:

-Muhammet Doğru, Reporter der per Notstandsdekret geschlossenen Nachrichtenagentur DIHA, wird von der türkischen Staatsanwaltschaft die „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorpropaganda“ vorgeworfen.

-Gegen Alican Uludağ, Ankara-Korrespondent der Zeitung Cumhuriyet werden Ermittlungen wegen angeblicher „Verletzung der Vertraulichkeit von Untersuchungen“ wegen seines Berichts zu einem Staatsanwalt, der ein einem Treffen der Organisation FETÖ teilgenommen hatte, eingeleitet.

10. Januar: Nach polizeilichen Hausdurchsuchungen werden Veli Büyükşahin, Vorstand des per Notstandsdekret geschlossenen alevitischen TV-Senders TV10, und Veli Haydar Güleç, Mitglied des Rundfunkrates von TV10, festgenommen.

11. Januar: Wegen „Beleidigung des Staatsoberhauptes“ wird der Journalist und Autor Ahmet Altan zu einer Geldstrafe von 7.000 TL (umgerechnet etwa 1.500 €) verurteilt.

12. Januar:

-In Çewlîg (Bingöl) wird Yüksel Azak, Mitarbeiter der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi, festgenommen, nachdem seine Wohnung polizeilich durchsucht wurde.

- In Amed (Diyarbakir) wird Selman Keleş, Wan-Korrespondent der per Notstandsdekret geschlossenen Nachrichtenagentur dihaber, festgenommen.

13. Januar: Ersin Özdemir, Chefredakteur der Zeitung Kızılbayrak, wird in Istanbul während der Ausübung seiner journalistischen Tätigkeit festgenommen.

15. Januar: Die Kolumnistin der Zeitung Cumhuriyet, Çiğdem Toker, wird von der AKP-nahen Agrobay Seracılık (Tomatenanbau-Betrieb) auf Schadensersatz in Höhe von 1,5 Millionen TL (umgerechnet etwa 322.000 €) wegen eines Berichts zu fragwürdigem Tomatenexport nach Russland verklagt.

16. Januar:

-Ayşe Düzkan, Hüseyin Aykol, Mehmet Ali Çelebi, Hüseyin Bektaş und Ragıp Duran, „symbolische Chefredakteur*innen“, die sich im Rahmen der Kampagne „Bereitschaftsjournalismus“ mit der verbotenen prokurdischen Tageszeitung Özgür Gündem solidarisierten, wurden zu insgesamt fast zehn Jahren Haft verurteilt.

-Haydar Ergül, Chefredakteur des Magazins Demokratik Modernite (Demokratische Moderne) wird in Amed am Flughafen Diyarbakir festgenommen.

-Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt die Türkei im Verfahren wegen Meinungsfreiheit. Die Zeitung Yeni Evrensel zog im Jahre 2001 vor den EGMR, nachdem die Zeitung geschlossen wurde.

17. Januar: Semra Özlü, Chefredakteurin des per Notstandsdekret geschlossenen Radiosenders Mersin Radyo Ses, wird festgenommen.

18. Januar:

-Ihsan Durgut, Korrespondent der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi im nordkurdischen Şemzînan (Şemdinli), wird festgenommen.

- Gegen Veli Büyükşahin vom Vorstand des per Notstandsdekrets geschlossenen alevitischen TV-Senders TV10 und Veli Haydar Güleç, Mitglied des Rundfunkrates von TV10, die seit dem 10. Januar in Polizeigewahrsam sind, ergeht ein Haftbefehl.

20. Januar:

-Suat Karagöz, Mitarbeiter der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi, wird nach einer „anonymen Anzeige” in Wan festgenommen.

-In Colemêrg (Hakkari) konfisziert die türkische Gendarmerie ohne Angabe von Gründen die Tagesausgabe der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi.

21. Januar: Der Journalist İdris Yılmaz wird nach einer polizeilichen Razzia in seiner Wohnung in Wan festgenommen.

22. Januar:

-Wegen Kritik an den Angriffen auf Efrîn über den Kurznachrichtendienst Twitter wird die elterliche Wohnung des Journalisten Ismail Eskin von türkischen Polizisten gestürmt.

-Im Zuge der Ermittlungen der Oberstaatsanwaltschaft von Diyarbakir gegen Personen, die in den sozialen Medien den Angriffskrieg auf Efrîn kritisiert haben, wird die Kolumnistin Nurcan Baysal nach einer Polizeirazzia festgenommen.

- İshak Karakaş, Chefredakteur der Zeitung Halkın Nabzı und Kolumnist von Artı Gerçek, wird in Istanbul festgenommen, nachdem seine Wohnung wegen Efrîn-Kritik polizeilich gestürmt wurde.

-Der in Wan festgenommene Journalist İdris Yılmaz wird wegen „Terrorpropaganda” verhaftet.

-Wegen Efrîn-Kritik in den sozialen Medien werden in Ankara Sibel Hürtaş, Leiterin des Artı Gerçek-Büros in Ankara, und Hayri Demir, Reporter der Nachrichtenagentur Mezopotamya, festgenommen.

23. Januar:

-Seda Taşkın, Reporterin der Nachrichtenagentur Mezopotamya, wird in Ankara festgenommen.

-Gegen Haydar Ergül, Chefredakteur des Magazins Demokratik Modernite, wird Haftbefehl erlassen.

- Seda Taşkın wird mit dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” verhaftet.

-Mizgin Fendik, Mitarbeiterin der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi, wird im Landkreis Gever (Yüksekova) festgenommen, während sie ihrer journalistischen Tätigkeit nachgeht.

24. Januar: In Kilis werden ein Reporter und ein Kameramann des Senders CNN Türk, die im Zuge der Angriffe auf Efrîn ihrer journalistischen Tätigkeit nachgehen, mit dem Vorwurf der „unwahren Berichterstattung” angegriffen.

25. Januar:

-Gegen die inhaftierte Journalistin Nazlı Ilıcak wird ein Verfahren wegen „Spionage” eingeleitet.

-In Mersin werden Özkan Erdoğan und Serkan Erdoğan, Mitarbeiter der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi, nach sieben Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen.

26. Januar:

-Die Türkei fordert von Facebook, Twitter und YouTube, Kritiken an den Angriffen auf Efrîn zu löschen.

-Wegen Efrîn-Kritik in den sozialen Medien wird gegen İshak Karakaş, Chefredakteur der Zeitung Halkın Nabzı, und Kolumnist von Artı Gerçek wegen „Terrorpropaganda” Untersuchungshaft angeordnet.

29. Januar: In Wan wird der Journalist Oktay Candemir festgenommen, nachdem er sich freiwillig in die Polizeihauptdirektion begeben hatte, um im Zuge von Ermittlungen gegen seine Berichterstattung auszusagen.

30. Januar: Gegen die Journalistin Şerife Oruç, die vom Gefängnis Typ E in Mardin nach Elazığ in das dortige Gefängnis Typ T gebracht wurde, werden Ermittlungen eingeleitet. Die Journalistin hatte sich geweigert, einer Nacktdurchsuchung unterzogen zu werden.

31. Januar:

-In Wan wird Mikail Tunçdemir, Mitarbeiter der Zeitung Demokrasi Gazetesi, festgenommen, während er Zeitungen ausliefert.

-Der wegen Efrîn-Kritik bereits in Polizeigewahrsam genommene Barış Ceyhan, Mitarbeiter der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi, wird wegen Vorwürfen der „Terrorpropaganda” und „Schürung von Hass und Feindseligkeit in der Bevölkerung” verhaftet.