Marktbrände in Başûr: Irak beschuldigt PKK

In Südkurdistan brannten in den vergangenen Monaten immer wieder Märkte und Basare. Plötzlich soll laut Bagdad ein Täter gefunden sein: die PKK. Diese weist die Anschuldigungen zurück und spricht von Verleumdung und Manipulation.

KCK: Realitätsferne Behauptungen

Drei vorgeblich der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehende Männer sollen für eine Serie von Marktbränden in mehreren Städten der Kurdistan-Region des Irak (KRI) sein. Das zumindest behauptete Miqdad Miri, Sprecher des irakischen Innenministeriums, auf einer am Montag in Bagdad aufwendig inszenierten Pressekonferenz. Die vermeintlichen Verdächtigen wären bei verschiedenen Einsätzen in Kerkûk (Kirkuk) und Diyala, die man mit dem von der Barzanî-Partei PDK (Demokratische Partei Kurdistans) geführten Innenressort der KRI-Regierung koordiniert hätte, festgenommen worden. Bei ihren Vernehmungen sollen die Männer dann gestanden haben, mehrere Basare und Märkte in den vergangenen Monaten in Kerkûk, Hewlêr (Erbil) und Duhok „gegen Bezahlung im Auftrag der PKK“ in Brand gesteckt zu haben. Zudem seien „Sabotageakte“ gegen die Kirkuk-Ceyhan-Ölpipeline zwischen dem Irak und der Türkei sowie zwei Gewerbegebiete in Bagdad geplant gewesen. „Ihr Ziel war es, die Handelsinteressen der Türkei zu konterkarieren, die Wirtschaft und Sicherheitslage in der irakischen Kurdistan-Region zu beeinflussen und Unzufriedenheit unter der Bevölkerung zu erzeugen“, betonte der Regierungssprecher gegenüber Journalisten. „Zumindest das konnte verhindert werden.“

Gefangene in gelben Overalls vorgeführt

Vor Miris Pult knieten die vermeintlichen Verdächtigen in gelben Overalls mit auf dem Rücken gefesselten Händen und gesenktem Kopf, die Gesichter verdeckt hinter Augenbinden und Atemschutzmasken. Die Männer waren wie Siegestrophäen zur gezielten Erniedrigung vorgeführt worden. Ganz vorne in der Reihe der wartenden Presseleute saß – zu niemandes Verwunderung – ein Reporter der türkischen staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Hemin Mirani, Vertreter des Innenministeriums der KRI, ging derweil in seinen Behauptungen noch weiter. Er gab vor, dass zwei der Festgenommenen wichtige Positionen bei den Sicherheitskräften der YNK (Patriotische Union Kurdistans) in der Metropole Silêmanî bekleiden würden. Einer von ihnen gehöre dem Kommando der 70. Peschmerga-Brigade an, der andere sei ranghoher Beamter der Lexoman-Parastin, der YNK-eigenen Arbeitsgruppe für Terrorismusbekämpfung, so Mirani. Der Dritte im Bunde lebe als offenes Mitglied der PKK. Beweise für ihre Behauptungen lieferten weder Bagdad noch Hewlêr.

Die vorgeführten „Brandstifter“ | Foto: INA

KCK: Realitätsferne Behauptungen

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) bezeichnet die Anschuldigungen aus Bagdad als haltlos: „Wir weisen diese völlig realitätsfernen Behauptungen und alle Versuche, die Verantwortung für Brandanschläge auf Märkte und Basare unserer Bewegung anzulasten, entschieden zurück. In der Öffentlichkeit ist ohnedies bekannt, dass Brandstifter in der Regel aus den Reihen des türkischen Geheimdienstes MIT und dem PDK-Nachrichtendienst Parastin rekrutiert werden.“ Weiter hieß es in der am Montag vom Außenkomitee der KCK abgegebenen Stellungnahme:

„Die PKK ist eine Kraft, die von den Völkern Kurdistans und des Nahen Ostens anerkannt wird, der die Völker vertrauen und deren Existenz durch ihren Widerstand, ihre prinzipientreue und entschlossene Haltung geachtet wird. Sie nimmt überall dort, wo es eine Bedrohung und Ungerechtigkeit gegen die Gesellschaft gibt, die richtige Haltung ein und führt einen unerbittlichen Widerstand gegen den türkischen Kolonialismus, der zum Ziel hat, den Irak und Südkurdistan Schritt für Schritt zu besetzen und zu annektieren. Türkische Soldaten, die den Beistand der PDK genießen, übernehmen ein verächtliches Verhalten gegenüber unserer Bevölkerung in Zaxo, Duhok und Hewlêr. Sie belagern am helllichten Tag Straßen auf irakischem Territorium, führen gewaltsam Identitätskontrollen und Festnahmen kurdischer Bürgerinnen und Bürger durch, töten sie mit Drohnen- und Artillerieangriffen und vertreiben sie.  

Die Freiheitsguerilla Kurdistans wehrt sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen diese Besatzungsangriffe in Südkurdistan und im Irak. Trotz des Einsatzes zahlloser verbotener Bomben sowie chemischer Kampfstoffe und der Begehung aller Arten von Kriegsverbrechen, erleidet die mit den modernsten Hightech-Waffen hochgerüstete Armee des faschistischen Staates Türkei gegenüber der Guerilla immer wieder schwere Niederlagen. Sie ist festgefahren in den von ihr bisher besetzten Gebieten und muss auf die Hilfestellung der irakischen Truppen und PDK-Kräfte zurückgreifen, um sich zu bewegen. Dabei begeht die türkische Besatzerarmee mit jedem Tag weitere Verbrechen. Die PDK macht sich derweil der offenen Kollaboration schuldig, während die Sudani-Regierung untätig bleibt und schweigt.

Verleumdung und haarsträubende Manipulation

Wir bedauern die Erklärung des irakischen Innenministeriums, die zu einer Zeit kommt, in der unsere Bewegung einen großen Widerstand gegen eine Invasion leistet. Als der IS den Irak mit Terror überzog, mobilisierte unsere Bewegung ohne Eigennützigkeit all ihre Kräfte, um die Völker dieses Landes zu schützen. Wir beteiligten uns aktiv an der Befreiung von Hewlêr, Mexmûr, Kerkûk, Şengal und Mosul vom IS und zahlten einen hohen Preis. Nicht umsonst honorierte der damalige irakische Premierminister unsere Verdienste mit seinem Dank. Die Behauptungen, wir hätten die Basare und Märkte der Menschen in Kirkûk, Hewlêr und Duhok niedergebrannt, die wir während der IS-Angriffe nach Kräften und unter dem Verlust von unseren Freundinnen und Freunden verteidigten, sind eine Verleumdung und haarsträubende Manipulation. Wir überlassen diese Anschuldigungen dem Gewissen des kurdischen und irakischen Volkes, vor dessen Augen wir Widerstand geleistet haben.

Keine Probleme mit dem Irak

Unsere Bewegung ist weder gegen den irakischen Staat noch gegen die irakische Gesellschaft. Es ist nur eine Verleumdung des MIT, dass eine Bewegung, die für die Freiheit und das Wohlergehen der Völker des Nahen Ostens kämpft, mit den genannten Behauptungen in Verbindung gebracht wird. Es ist klar, dass das irakische Innenministerium diese Erklärung unter Betrachtung einiger Brennpunkte abgegeben hat. Die Quelle dieser Anschuldigungen sind der MIT – die international agierende kriminelle Organisation der Türkischen Republik, die versucht, den Irak Schritt für Schritt zu besetzen – und die Parastin als ihr Zweig in Kurdistan. Außer den Aktionen gegen die Türkische Republik, die Besatzungsmacht in diesem Land ist, führen wir keinerlei Aktivitäten durch. Alle Bürgerinnen und Bürger wissen, dass der Hauptakteur der Angriffe gegen die Stabilität und Sicherheit des Irak der türkische Besatzerstaat ist. Die Notwendigkeit, diese Erklärung abzugeben, ergibt sich aus den Behauptungen des irakischen Innenministeriums, die weit von der Wahrheit entfernt sind und darauf abzielen, von der Tagesordnung abzulenken.

Die wahren Täter entlarven

Wir fordern den irakischen Staat und das Innenministerium auf, verantwortungsvoller im Umgang mit Manövern des MIT zu handeln, unsere Bewegung nicht mit Anschuldigungen zu überfallen, die sich jenseits der Realität bewegen und die wahren Täter der Brandanschläge in Südkurdistan zu entlarven. Die demokratischen und widerständigen Völker des Irak rufen wir auf, die notwendige Haltung gegen dieses Lügenkonstrukt einzunehmen und gegen Aktionen und Diskurse vorzugehen, die die türkische Besatzung legitimieren.“

Foto: PKK-Kämpfer an der Mexmûr-Front im Kampf gegen den IS, 2014 (c) ANF