Selbstverwaltung verurteilt Angriff auf Friedenswache

Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien ist entsetzt über die fortgesetzten Angriffe auf die Tişrîn-Talsperre sowie die dort stattfindende Friedenswache – und über das internationale Schweigen angesichts mutmaßlicher Kriegsverbrechen.

Deutsche Klimaaktivistin unter Verletzten

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) zeigt sich entsetzt über die fortgesetzten Angriffe auf die Tişrîn-Talsperre am Euphrat und die auf dem Gelände stattfindende Mahnwache. „Die Bombardierung von Menschen, die sich an einer Friedenswache für den Erhalt lebenswichtiger Infrastruktur beteiligen, ist ein abscheuliches Kriegsverbrechen. Wir verurteilen diese Attacken auf das Schärfste“, hieß es am Abend in einer Stellungnahme. „Wir appellieren an alle Kräfte, die Einfluss haben, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit diese Angriffe sofort aufhören“, ergänzte die Autonomieverwaltung.

Die südöstlich von Minbic gelegene Dammanlage Tişrîn befindet sich seit dem 8. Dezember 2024, dem Tag des Sturzes des Assad-Regimes, im Fokus einer Besatzungsoffensive der Türkei und ihrer dschihadistischen Hilfstruppe „Syrische Nationalarmee“ (SNA). Deren Ziel ist es, die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) von der Westseite des Euphrat zu verdrängen, um das östlich davon gelegene Kobanê leichter angreifen zu können. Seit Wochen ist die Talsperre bereits außer Betrieb, fast eine halbe Million Menschen in Minbic, Kobanê und anderen Gebieten der DAANES haben keinen Zugang zu Strom und Wasser. Zudem droht aufgrund schwerer Schäden durch türkischen Beschuss ein Dammbruch – der eine Katastrophe mit Auswirkungen bis in den Irak auslösen könnte.

Neben der Talsperre greifen türkische Armee und SNA-Söldner auch die Mahnwache an, die aus Protest gegen die Militärgewalt stattfindet. Seit Beginn der friedlichen Initiative hat es bereits eine Vielzahl von gezielten Luft- und Drohnenangriffen auf Menschenansammlungen auf dem Gelände der Anlage beziehungsweise Autokonvois mit Teilnehmenden der Aktion gegeben. Mindestens 19 Menschen wurden dabei laut der DAANES getötet, weit über hundert weitere sind verletzt worden. Der letzte Drohnenschlag ereignete sich heute Nachmittag. Durch die Attacke starben zwei Zivilist:innen, 20 weitere wurden zum Teil schwer verwundet. Unter den Opfern ist auch eine deutsche Klimagerechtigkeitsaktivistin aus Badem-Württemberg. Sie trug nicht lebensgefährliche Splitterverletzungen davon, wie aus dem Gesundheitskomitee der Selbstverwaltung zu hören war.

„Dieser Angriff stellt eine klare Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in der Region dar“, erklärte die DAANES. „Der Zerstörungswille gegenüber einer lebenswichtigen Energieanlage, die für die Wasser- und Stromversorgung unserer Bevölkerung essenziell ist, und die Gewalt an Menschen, die sich für ihren Schutz einsetzen, offenbart eine Politik, die auf die Vernichtung der kritischen Infrastruktur abzielt.“ Man sei „zutiefst empört“ darüber, dass diese Angriffe international weitgehend auf Ignoranz stoßen. „Das humanitäre Völkerrecht verlangt, dass die Zivilbevölkerung und zivile Infrastrukturen geschützt sind. Wir rufen die internationale Gemeinschaft, juristische und humanitäre Organisationen auf, sofort einzugreifen und diese Angriffe zu stoppen.“