Dutzende Festnahmen bei Rojava-Protest in Istanbul

Trotz eines Verbots sind in Istanbul hunderte Menschen für Solidarität mit der Bevölkerung in Syrien auf die Straße gegangen. Die Polizei nahm rund 50 Personen in Gewahrsam.

Solidarität mit Bevölkerung in Syrien

Trotz eines Verbots sind in Istanbul hunderte Menschen am Montagabend für Solidarität mit der Bevölkerung in Syrien auf die Straße gegangen. Aufgerufen zu dem Protest im zentralen Stadtteil Beyoğlu hatten die „Kräfte für Arbeit, Frieden und Demokratie“, ein Bündnis aus linken, sozialistischen und kurdischen Parteien sowie Organisationen. Sie forderten den Stopp der Angriffe dschihadistischer Söldnerverbände in Syrien und Rojava und verurteilten die Unterstützung der Türkei für „Terrororganisationen“ im Nachbarland. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und griff in die Menge ein, nachdem Aufforderungen zur Auflösung der Versammlung von den Beteiligten des Bündnisses abgelehnt wurden. Das Büro des Landrats von Beyoğlu hatte zuvor erklärt, dass die Kundgebung nicht gestattet werde. Eine Begründung, warum die Veranstaltung nicht genehmigt wurde, nannte die Behörde nicht. „Illegale Gruppen“ hätten zu einem nicht genehmigten Protestmarsch aufgerufen, hieß es lediglich. Der Provinzverband der DEM-Partei sprach von rund 50 Personen, die teilweise unter Anwendung von Gewalt in Gewahrsam genommen wurden.

„Bijî Berxwedana Rojava“ (Es lebe der Widerstand von Rojava) und „Rojava ist nicht allein“ skandierten die Teilnehmenden des Protests im Viertel Şişhane inmitten eines Polizeikessels. Unter ihnen waren auch die DEM-Abgeordneten Çiçek Otlu und Cengiz Çiçek. Nachdem Einsatztrupps in die Menge stürmten und Festnahmen durchführten, formierte sich eine spontane Demonstration, die bis zur knapp zwei Kilometer entfernten Zentrale der örtlichen DEM führte. Dabei riefen sie ebenfalls Parolen, mit denen sie sich hinter den Widerstand der Bevölkerung in Syrien gegen den dschihadistischen Terror stellten. Die Festgenommenen müssen unterdessen mit einer Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das türkische Versammlungs- und Demonstrationsgesetz Nr. 2911 rechnen.


Die Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) hatte am Mittwoch einen Überraschungsangriff auf Aleppo begonnen und die Millionenmetropole binnen weniger Tage fast vollständig überrannt. Die syrische Armee und ihre iranischen und russischen Verbündeten zogen sich kampflos zurück und überließen den Dschihadisten ihre Waffensysteme, Stützpunkte und Militärflughäfen. Parallel dazu startete ein weiterer Islamistenverband – die von der Türkei finanzierte, ausgerüstete und kontrollierte „Syrische Nationalarmee“ eine eigene Offensive auf die nördlich von Aleppo gelegene Şehba-Region, in deren Zentrum Tel Rifat (Tall Rifaat) liegt. Um Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern, hat sich der Volksrat Efrîn-Şehba zur Räumung der Region entschieden. Rund 200.000 Menschen sollen durch einen von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) eingerichteten Fluchtkorridor in die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien transportiert werden.