Berliner Polizei verbietet alle Bilder von Öcalan

In Berlin hat vor drei Tagen ein Hungerstreik gegen die Totalisolation der kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan begonnen. Die Berliner Polizei verbietet mit absurden Begründungen jegliche Bilder Öcalans auf der Aktion.

Die Versammlungsbehörde der Berliner Polizei hat Auflagen für Kundgebungen im Rahmen eines Hungerstreiks für die Aufhebung der Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalans erteilt. Die Kundgebungen finden seit Donnerstag täglich unter dem Motto „Hungerstreik in Berlin: Wir fordern die Aufhebung der Totalisolation von Abdullah Öcalan, dem Symbol für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage sowie Demokratie und Freiheit im Mittleren Osten und weltweit“ statt. Fahnen der YPG und YPJ, aber auch jegliche bildliche Darstellung Öcalans sind dabei polizeilich verboten. Die Begründung dieser Auflage hört sich wie ein schlechter Scherz an.

Berliner Polizei: Öcalan beteiligt sich an der politischen Auseinandersetzung

So heißt es in dem Bescheid zu Abdullah Öcalan: „Er beteiligt sich über seine Anwälte weiterhin an der politischen Auseinandersetzung und hat damit nach wie vor eine entscheidende Position in den Lenkungs- und Entscheidungsprozessen der PKK bzw. deren Nachfolge- und Tochterorganisationen inne.“ Bei der Berliner Polizei scheint nicht angekommen zu sein, dass sich Öcalan seit dem Abbruch der Friedensverhandlungen durch die türkische Regierung im Jahr 2015 faktisch in Totalisolation befindet und ihn seit 2016 nicht einmal mehr seine Angehörigen besuchen konnten. Seit über zwei Jahren gibt es kein Lebenszeichen mehr von Öcalan. Dabei hätte es ausgereicht, den Aufruf zum Hungerstreik zu lesen.

Öcalan als kurdischer Repräsentant verboten

Diese Unkenntnis ist umso merkwürdiger, da die Berliner Polizei ANF und andere Medien, die sich mit der kurdischen Frage beschäftigen, genau zu verfolgen scheint. So stört sie insbesondere die Beschreibung Öcalans als „kurdischen Repräsentanten“ in Artikeln über den Hungerstreik und begründet damit das Verbot von Bildern des inhaftierten kurdischen Politikers. So heißt es: „Insofern wird deutlich, dass Öcalan nicht ausschließlich und eindeutig als Privatperson thematisiert werden soll, sondern als der „kurdische Repräsentant“ und PKK-Führer. Es geht damit bei den Versammlungen also nicht um das Einzelschicksal einer Privatperson, sondern es wird die politische Betätigung des Abdullah Öcalan eindeutig in den Kontext gestellt. Dies macht im Übrigen auch das gewählte Versammlungsthema deutlich.“

Die Berliner Polizei scheint sich auch intensiv mit der kurdischen Frage beschäftigt zu haben, wenn sie schreibt: „Auch die Forderung nach einer Freilassung Öcalans, um an Friedensverhandlungen teilzunehmen, stellt ihn in Zusammenhang mit seiner Führungstätigkeit für die verbotene PKK, denn in keiner anderen Position könnte er an solchen Verhandlungen beteiligt werden.“

Die Berliner Aktivistin Şilan S. sagt dazu: „Die Versammlungsbehörde scheint nicht begriffen zu haben, dass Öcalan eben viel mehr ist als der Gründer der PKK, sondern von Millionen von Kurdinnen und Kurden als Repräsentant, als politischer Denker und Friedenspolitiker angesehen wird. Er hat nicht als Vertreter der PKK verhandelt, sondern als Vertreter der kurdischen Bevölkerung. Für Öcalan sind Millionen Unterschriften gesammelt worden, das von ihm entworfene radikaldemokratische Projekt inspiriert Menschen im Mittleren Osten und weltweit. Öcalan repräsentiert die Hoffnung auf Freiheit und gerechten Frieden.“

Wenn Öcalan, dann nur „sozialadäquat“

Nach der Meinung der Berliner Polizei darf Öcalan aber nur „sozialadäquat“ als Privatperson gezeigt werden und auf den Kundgebungen zum Hungerstreik gar nicht: „Soweit aber nicht ausschließlich und unzweideutig auf die persönlichen Belange von Abdullah Öcalan abgestellt werden soll, sind entsprechende Abbildungen jedoch als verbotene PKK-Symbolik anzusehen. Jedwede Verknüpfung mit insbesondere anderen kurdischen Themenstellungen verbietet sich damit.“

Öcalan und die Forderung nach Frieden sind demnach verboten. Der Aktivist E.Ö. sagt dazu: „Auf diese Weise wird versucht, die Demokratiebewegung mundtot zu machen. Der radikaldemokratische Denker und Repräsentant Öcalan darf nur als Einzelperson benannt werden – aber alles an Öcalan ist politisch. Er ist Ausdruck des Schicksals des kurdischen Volkes. Das wäre so, wie wenn es verboten würde, Nelson Mandela und den Kampf gegen die Apartheid zusammen zu thematisieren.“

Wenn sich Berliner Beamte als Mittelostexperten gerieren

Auch die Bewertung der Lage in Nordsyrien ist Ausdruck von Ignoranz oder absoluter Unkenntnis der  Berliner Behörden. Woher ihre Auffassung kommt, dass die PYD 2003 auf „Befehl“ der PKK gegründet wurde und bis heute den „Befehlen“ der PKK untersteht, bleibt ebenso schleierhaft wie ihre Quellen für die Behauptung, YPG und YPJ seien Milizen der PYD. Die kurdische Aktivistin Beriwan Serhat kommentiert dazu: „Das wäre ungefähr so, wie wenn man die Bundeswehr als Parteimiliz der CDU/CSU bezeichnen würde.“ Diese offensichtlichen Falschinformationen sollen dazu dienen, auch Symbole von Rojava und Nordsyrien auf den Kundgebungen zu kriminalisieren.

Es wird Widerspruch eingelegt

Angemeldet sind die Kundgebungen von Melek Yula vom Frauenverein DESTDAN. „Die Kriminalisierungspolitik gegenüber den Kurdinnen und Kurden hat mittlerweile eine derartige Systematik erreicht, dass es die Polizei offenbar nicht einmal mehr für nötig hält, ordentlich zu recherchieren, um ihre Verbote zu erteilen“, sagt sie und kündigt an, gegen die Auflagen Rechtsmittel einzulegen. Es sei einfach nicht richtig, dass Öcalan, der seit sieben Jahren keinen Anwaltsbesuch erhalten darf und von dem es seit September 2016 kein Lebenszeichen mehr gibt, die PKK über seine Anwälte führe.