Sozdar Avesta: Mord an Zekî Şengalî wird aufgeklärt

Wie Sozdar Avesta (KCK) erklärt, ist ein Ermittlungsverfahren wegen der Ermordung des ezidischen Politikers Zekî Şengalî eingeleitet worden. Sie wies darauf hin, dass insbesondere Regionalmächte bei dem Mord eine Rolle gespielt haben.

Sozdar Avesta, Mitglied des Präsidialrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistan (KCK), hat gegenüber ANF wichtige Details zu den Hintergründen der gezielten Ermordung von Zekî Şengalî durch einen Luftangriff in Südkurdistan am 15. August genannt.

Sozdar Avesta sagte, zur Ermordung von Zekî Şengalî, eines Mitglieds der Koordination der Ezidischen Gesellschaft, sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Ermittlungen bewegten sich entlang folgender Fragen: „Zum Beispiel, wo kamen diese Flugzeuge her? Wie viele Kilometer sind sie geflogen? Er ist mit einer bewaffneten Drohne getötet worden. Nach Angaben des türkischen Staates können diese Drohnen nicht von der Türkei bis Şengal fliegen, sie schaffen keine so langen Strecken. Von wo sind diese Flugzeuge aufgestiegen? Der Verdacht besteht, dass sie von türkischen Basen in Südkurdistan aufgestiegen sind. Sie könnten von dort gekommen sein.“

Weiter erklärte Sozdar Avesta: „Um diese Ereignisse zu verstehen, muss man den ezidischen Genozid betrachten.“ Die Islamisten hätten sich von der Kultur des Islam entfernt, so Avesta: „Sie benutzen den Islam für ihre Politik. Damit einhergehend hat der Völkermord im Mittleren Osten begonnen. Der Vorsitzende Apo hat einmal gesagt: ‚Wir stehen in der Schuld der ezidischen und alevitischen Gesellschaft.‘ Denn diese Gesellschaften haben die kurdische Identität am Leben erhalten. Bis heute hat die ezidische Gesellschaft 73 Massaker überlebt. Die heutige ezidische Bevölkerung hat stark abgenommen und lebt verstreut über die ganze Welt. Şengal sollte geräumt und die Eziden vertrieben werden. In diesem Zusammenhang ist mit dem Attentat auf unseren Freund Zekî die gesamte ezidische Gesellschaft ins Visier genommen worden. Als die Angriffe des IS auf Şengal 2014 begannen, ist Zekî dort hingegangen und hat die Verteidigung angeführt. Er spielte bei der militärischen und gesellschaftlichen Organisierung eine wichtige Rolle. Dem türkischen Staat war diese Organisierung ein Dorn im Auge. Zekî Şengalî war im Diplomatie-Komitee. In diesem Komitee hatten sich arabische, turkmenische, schiitische und ezidische Vertreter zusammengefunden. Zekî Şengalî wurde für den türkischen Staat zum Angriffsziel, weil er für die ezidische Gesellschaft eine Führungspersönlichkeit darstellte.“

Woher kamen die Flugzeuge?

Sozdar Avesta fährt fort: „Şengal liegt auf irakischem Territorium. Es ist aufgrund des Paragraphen 141 ein umstrittenes Gebiet. Die Probleme dort sind weiterhin nicht vollständig gelöst. Wenn die USA nicht die Erlaubnis erteilen, können die türkischen Flugzeuge Şengal nicht erreichen. Wenn es keine Unterstützung und Geheimdienstinformationen sowie regionale Unterstützungskräfte gibt, können diese Flugzeuge dort weder Aufklärung betreiben noch angreifen. Deswegen haben sowohl der Irak als auch die südkurdische Regionalregierung und die USA ihren Anteil an diesem Attentat.

Einen Tag vor dem Angriff fand ein Treffen zwischen dem Irak und der Türkei statt. Der türkische Staat könnte gegen einen Angriff auf Şengal dem Irak versprochen haben, kein Chaos in Tell Afar und Kerkûk zu verursachen. Dieser Angriff war Teil eines Abkommens. Der Irak sagt, nichts mit dem Angriff zu tun zu haben, aber wir wissen, dass der Irak hieran einen Anteil hat. Die ezidische Gesellschaft und der Rat haben eine umfassende Ermittlung eingeleitet. Es wäre nicht richtig, jetzt den Ermittlungen vorzugreifen, aber sie werden ergeben, wer für den Angriff verantwortlich war, welche Kräfte bei dem Angriff mitgewirkt und welche Kräfte ihn erlaubt haben. Die Regionalmächte schweigen zu dem Thema. Die Regionalregierung von Kurdistan schweigt zu dem Thema. Das bedeutet, sie wollen, dass die Eziden vom Şengal verschwinden. Es gibt ein internationales Konzept, nicht nur ein regionales. Neben den Eziden sollen auch die Turkmenen, die Kakai und die Suryoye aus der Region vertrieben werden. Das, was am 3. August 2014 nicht erreicht worden ist, soll jetzt stattfinden.“

„Zekî Şengalî war ein Vorreiter unserer Bewegung“

Avesta bezeichnet Mam Zekî als „Vorreiter der Freiheitsbewegung“ und erzählt: „Er war einer derjenigen, die in den siebziger Jahren zur Migration gezwungen wurden. Er lernte die PKK im Ausland kennen und war einer der Ersten, die mit den Arbeiten in Europa begannen. Für die Freiheitsbewegung Kurdistans ist Mam Zekî ein Vorreiter, so wie er auch ein Vorreiter der ezidischen Bevölkerung und Gesellschaft ist.

Zekî wusste, dass die Befreiung der ezidischen Gesellschaft nur durch die Befreiung Kurdistans möglich ist und die Befreiung Kurdistans durch die Philosophie des Vorsitzenden Öcalan verwirklicht wird. Er kämpfte 40 Jahre in den verschiedensten Bereichen. Viele von uns waren von Zekî beeindruckt und schlossen sich seinetwegen dem Kampf an. Sein Tod hinterließ eine große Lücke in der ezidischen Bevölkerung. Ich kannte Zekî seit 1985. Wir haben in vielen Gebieten gemeinsam gekämpft. Wir als seine Freundinnen und Freunde müssen nun den Schmerz in einen entschlossenen Kampf verwandeln.“

Avesta führte weiter aus, dass weltweit, insbesondere in Russland, Europa und Rojava tiefe Trauer um Zekî Şengalî herrsche: „Überall haben sich die Menschen dem Freund Zekî angenommen. Das war sehr wichtig. Es gibt jetzt eine sehr wichtige Frage: Wie werden wir Rache nehmen? Eine Vergeltung muss mit den Methoden des Vorsitzenden Apo vollbracht werden. Wenn es einen Genozid gibt, dann stellt man sich ihm in den Weg. Was Verteidigung betrifft, überall ist Selbstverteidigung notwendig. Was Organisierung betrifft, man muss sich überall organisieren. Was Einheit betrifft, wir müssen sie aufbauen. Unser Freund Zekî wollte ein demokratisches Şengal aufbauen und er hat dabei ein erhebliches Niveau erreicht. Şengal organisiert sich seit vier Jahren selbst. Tausende sind wieder nach Hause zurückgekehrt. 2014 waren noch 10-15.000 Menschen in Şengal, jetzt leben dort wieder 70.000 Menschen. Diese Rückkehr war mit großer Mühe verbunden. Jetzt sollte die ezidische Bevölkerung alle Widersprüche bei Seite stellen und eine Einheit aufbauen.“

PDK will Eziden gegeneinander ausspielen

Avesta berichtet, die PDK versuche, die ezidische Bevölkerung gegeneinander aufzubringen. Die immer noch in Camps untergebrachten Ezidinnen und Eziden würden dazu motiviert, nach Europa zu gehen. „Gleichzeitig werden einige Anschuldigungen im Zusammenhang mit Mam Zekîs Tod vorgebracht. Alle sollten die Ermittlung abwarten, wer auch immer Informationen hat, muss diese ans Ermittlungskomitee weiterleiten. Wer auch immer mit dem Angriff zu tun hat, wird ans Licht gebracht werden. In diesem Sinne appelliere ich an die ezidische Gesellschaft. Wir müssen unsere Widersprüche beiseitelegen und die Arbeit von Zekî weiterführen. Zekîs hat für eine demokratische Autonomie und die Anerkennung des Status von Şengal gekämpft. Wir werden seine Träume verwirklichen.“