Die hessische Polizei hat am Mittwochmorgen die Vereinsräumlichkeiten des Demokratischen Gesellschaftszentrums der Kurden e.V. in Darmstadt sowie das Büro der Föderation KAWA durchsucht. Anlass sei eine Gedenkveranstaltung im Juni 2020 für Ismail Nazlıkul (Kasım Engin), bei der eine „CDK-Fahne“ („Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa“) gezeigt worden sei, wie es im richterlichen Beschluss heißt. Nazlıkul, der zum Zentralkomitee der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gehörte, war nur wenige Tage vor der Trauerfeier bei einem türkischen Luftangriff in Südkurdistan getötet worden.
Bei der Zusammenkunft für ihn in Darmstadt war damals eine PKK-Fahne gezeigt worden – jene mit einem gelben Kreis, roten Stern und grünen Rand. Drei Zeichen, von denen jedes einzeln betrachtet legal ist. Doch zusammen verstoßen sie gegen das Vereinsverbot. Die CDK, wie sich eine Vorgängerorganisation des kurdischen Europadachverbands KCDK-E nannte, existiert seit 2016 nicht mehr. Warum die PKK-Fahne von den Behörden dennoch als CDK-Flagge bezeichnet wird, ist allerdings unklar.
Ermittlungen gegen Ex-Vorsitzende
Parallel zu den Durchsuchungen wurden zwei Ermittlungsverfahren im Rahmen von §§ 129 a/b gegen die ehemaligen beiden Vorsitzenden der Föderation der Demokratischen Vereine Kurdistans e.V., wie der vollständige Name des Verbands lautet, eingeleitet. Sie seien für die Gedenkveranstaltung anlässlich des Todes von Nazlıkul verantwortlich und hätten im Allgemeinen die PKK „mehrfach unterstützt“, ist dem Papier zu entnehmen.
Das falsche Zeichen, kurdische Strukturen zu kriminalisieren
Die Föderation verurteilt das Vorgehen der Behörden und spricht von einer „Kriminalisierung kurdischer Strukturen in Hessen“. „Dass die Staatsanwaltschaft aufgrund von fadenscheinigen Indizien unsere Räumlichkeiten durchsucht und politische Aktivist:innen kriminalisiert, ist gerade jetzt – in Zeiten des Erdbebens und der anstehenden Wahlen – höchst problematisch“, sagte eine Sprecherin. „Es ist allgemein das falsche Zeichen, demokratische Gesellschaftszentren der Kurdinnen und Kurden in Deutschland zu inkriminieren“, hieß es weiter. Aktuell berate man in Darmstadt über eine Reaktion im Sinne einer Kundgebung oder Pressekonferenz mit Vertreter:innen der durchsuchten Vereine, so die KAWA-Sprecherin.