HPG veröffentlichen Namen von Zap-Gefallenen

Bager Gever, Avzem Çiya, Arîn Kobanê und Şerzan Hingirvan sind am 2. Juni im Widerstand gegen die türkische Invasion in der Zap-Region ums Leben gekommen. Sie hätten die Möglichkeit zum Rückzug gehabt, entschieden sich jedoch zum Kampf.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Namen von vier Gefallenen veröffentlicht. Bager Gever, Avzem Çiya, Arîn Kobanê und Şerzan Hingirvan sind am 2. Juni im Widerstand gegen die türkische Invasion in der Zap-Region ums Leben gekommen. Die HPG teilen dazu mit: „In unserer Erklärung vom 3. Juni haben wir darüber informiert, dass am 2. Juni um 10 Uhr Gefechte zwischen unseren Kräften und den Besatzern im Şehîd-Berxwedan-Tunnel im Widerstandsgebiet Şehîd Şahîn stattfanden und um 11.24 Uhr eine große Explosion erfolgte.

Unsere Genossinnen und Genossen haben in dieser Kampfstellung seit Beginn der Besatzungsoperation des türkischen Staates in den Medya-Verteidigungsgebieten bis zum 2. Juni 47 Tage einen legendären Widerstand geleistet. Als professionelle Guerilla haben sie die gesamte moderne Kriegstechnologie, mit der der türkische Staat ausgestattet worden ist, ausgehebelt und alle mit Haubitzen, Mörsern, Hubschraubern und Kampfjets ausgeführten Angriffe wirkungslos gemacht. Dabei blieben sie nicht in einer Verteidigungsposition, sondern stellten sich auf den Standpunkt, dass Widerstand nicht ausreicht und unbedingt der Sieg errungen werden muss. Mit starkem Kampfgeist haben sie die türkische Armee permanent angegriffen und ihr eine unvergessliche Lektion erteilt. In zwei Fällen drangen sie bis zu den Leichen des Feindes vor und beschlagnahmten Waffen.

Der türkische Staat und seine Spezialkriegsmedien haben diese Fakten vor der Öffentlichkeit verheimlicht, um die Niederlage nicht zuzugeben. Die Heldinnen und Helden vom Şehîd-Berxwedan-Tunnel haben jedoch bereits bei einer Aktion am 29. Mai vier Besatzer bestraft und ihre militärische Ausrüstung und Waffen beschlagnahmt. Zwei Leichen der Besatzer befanden sich in ihren Händen. Damit haben sie offenbart, dass die Niederlage der türkischen Armee im Zap nicht mehr geleugnet werden kann. Unsere Genossinnen und Genossen waren wie Monumente des Heldentums und die türkische Armee konnte sie nicht bezwingen. Daher hat sie erneut zu niederträchtigen und feigen Methoden gegriffen und chemische Waffen und Sprengstoff mit hochintensiver Wirkung, der auch als taktische Nuklearwaffe bezeichnet wird, eingesetzt. Diese tagelang andauernden Angriffe haben aufgrund der beispiellosen Willensstärke unserer Genossinnen und Genossen, ihrer Entschlossenheit zum Sieg und ihrer Verbundenheit mit Rêber Apo [Abdullah Öcalan] zu keinen Ergebnissen geführt. Sie wussten sich zu schützen und haben den Feind mit großartigem militärischen Talent permanent angegriffen. Als die wenigen Mittel im Şehîd-Berxwedan-Tunnel verbraucht waren, wurde ein Stellungswechsel beschlossen. Ein Teil unserer Genossinnen und Genossen folgte dieser Entscheidung und wechselte die Stellung. Unsere Genossinnen und Genossen Bager, Avzem, Arîn und Şerzan beharrten jedoch darauf, der türkischen Armee eine Lektion von historischem Ausmaß zu erteilen. Obwohl sie die Gelegenheit hatten, den Tunnel zu verlassen und in eine andere Stellung zu gehen, schickten sie eine Gruppe ihrer Weggefährt:innen weg und entschieden sich zu einer Fedai-Aktion. Am 2. Juni um 10 Uhr führten sie ihre opferbereite Aktion durch und drangen mitten unter die Besatzer vor, um sie mutig zu bekämpfen und mindestens zwölf Besatzer zu bestrafen. Weil alle vier Genossinnen und Genossen bei ihrem opferbereiten Angriff gefallen sind, ließ sich die Anzahl der bestraften Besatzer nicht eindeutig feststellen. Die türkischen Besatzungstruppen haben jedoch nach der Aktion etliche Male Tote und Verletzte mit Hubschraubern abtransportiert.“

Nach HPG-Angaben wurde die Aktion von Bager und Avzem angeführt, diese seien Kommandant:innen gewesen, die symbolisch für die auf hoher Opferbereitschaft basierende Guerillaoffensive Bazên Zagrosê (Falken vom Zagros) stehen.

                             

Codename: Bager Gever
Vor- und Nachname: Erkan Dara
Geburtsort: Colemêrg
Namen von Mutter und Vater: Gülperi – Arif
Todestag und -ort: 2. Juni 2022 / Zap

 

Codename: Avzem Çiya
Vor- und Nachname: Berîvan Cuma
Geburtsort: Tirbespiyê
Namen von Mutter und Vater: Munteha – Feremez
Todestag und -ort: 2. Juni 2022 / Zap

 

Codename: Arîn Kobanê
Vor- und Nachname: Emira Musa
Geburtsort: Kobanê
Namen von Mutter und Vater: Ayşe – Ahmed
Todestag und -ort: 2. Juni 2022 / Zap

 

Codename: Şerzan Hingirvan
Vor- und Nachname: Serkan Uçkun
Geburtsort: Istanbul
Namen von Mutter und Vater: Nesibe – Hikmet
Todestag und -ort: 2. Juni 2022 / Zap

 

Bager Gever

 

Bager Gever stammte aus Gever, einer Hochburg der kurdischen Befreiungsbewegung. Aus seiner Verwandtschaft schlossen sich viele Menschen der Bewegung an, einige sind im Kampf gefallen. Bager ging 2013 zur Guerilla und hielt sich bis 2015 in Xakurke auf. Dort absolvierte er eine Grundausbildung und gewann durch seine Einsatzbereitschaft, seine unerschöpfliche Energie und seine große Disziplin das Vertrauen seiner Weggefährt:innen. Danach ging er nach Rojava, um gegen den IS zu kämpfen. Drei Jahre lang nahm er an den Befreiungsoffensiven in Nordsyrien teil und trug zur Niederlage des IS bei. Er zeigte großen Mut und wurde im Kampf schwer verwundet. Seine Verletzung stärkte seine Entschlossenheit und er wurde zu einem führenden Kommandanten. Nach Beendigung seiner Aufgabe in Rojava kehrte er in die Berge zurück und kam 2018 nach Heftanîn. Dort nahm er ein Jahr lang an vielen Aktionen teil und teilte seine militärischen Erfahrungen mit seinen Mitkämpfer:innen. Danach ging er in den Zap und beteiligte sich seit 2019 an revolutionären Offensiven. Bei vielen Aktionen führte er das Kommando. 2020 wurde er erneut verletzt und setzte seinen Kampf nach seiner Genesung fort. Mehrfach schlug er sich selbst für Fedai-Aktionen vor.

 

Bager war maßgeblich daran beteiligt, die notwendige Infrastruktur für den Widerstand gegen die türkische Invasion aufzubauen. Er passte sich an die veränderten Kriegsbedingungen an und wurde zu einem der erfolgreichen Kommandanten im modernen Guerillakampf. 2021 war er daran beteiligt, den Vormarsch der türkischen Truppen in Ciloya Biçûk und Kela Bêdewê zu stoppen.

 

Bei der diesjährigen Invasion übernahm er die Kommandantur im Şehîd-Berxwedan-Tunnel. Unter seinem Kommando konnte lange Zeit verhindert werden, dass die türkische Armee Luftlandetruppen am Girê Şehîd Şahîn absetzte. Er spielte eine maßgebliche Rolle im Widerstand und entwickelte auf kreative Weise Taktiken, um sich und seine Mitkämpfer:innen vor den türkischen Chemiewaffen zu schützen. Sein Mut und seine Entschlossenheit übertrugen sich bis zum letzten Moment seines Lebens auf seine Einheit.

Avzem Çiya

 

Avzem Çiya ist in Tirbespiyê geboren und wuchs in einer patriotischen Familie auf, die durch die Arbeit von Abdullah Öcalan in Rojava beeinflusst und der Befreiungsbewegung sehr verbunden war. Daher kannte Avzem die PKK bereits als Kind und sah sich schon immer als Teil der Bewegung. Ein anderes Leben war für sie unvorstellbar. Im Zuge der Revolution von Rojava wurde sie in der Jugendbewegung aktiv und setzte sich intensiv mit Öcalans Befreiungsphilosophie auseinander. 2014 ging sie in die Berge und wurde Guerillakämpferin.

 

Nach der Grundausbildung übernahm Avzem die Kommandantur über eine Einheit und kümmerte sich um die Ausbildung neuer Kämpferinnen und Kämpfer. 2019 schloss sie sich der Sondereinheit Hêzên Taybet an. 2021 kämpfte sie in den Regionen Avaşîn und Zap gegen die türkische Invasion, wodurch sie große militärische Erfahrung gewann. Als Kommandantin der YJA Star nahm sie an allen Aktionen in vorderster Reihe teil.

Arîn Kobanê

 

Arîn Kobanê ist in einer patriotischen Familie in Kobanê zur Welt gekommen und in der Atmosphäre der Revolution von Rojava aufgewachsen. 2015 schloss sie sich der Guerilla an und nahm den Namen der YPJ-Kämpferin Arîn Kobanê an, die sich bei der Schlacht um Kobanê inmitten einer Gruppe Islamisten selbst in die Luft gesprengt und damit ein Fanal gesetzt hatte.

Zur Zeit ihres Anschlusses an die Guerilla befand sich der Kampf gegen den IS auf einem Höhepunkt und Arîn konzentrierte sich vor allem auf ihre militärische Ausbildung, um den Anforderungen gerecht zu werden. Sie bereitete sich mit großer Geschwindigkeit auf die Praxis vor und ging 2016 auf eigenen Vorschlag nach Şengal, um das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft vom IS zu befreien. Dort nahm sie an mehreren Offensiven teil und zeichnete sich durch ihren Mut und ihre Opferbereitschaft aus. Sie wurde Gruppenkommandantin der YJA Star und war unter anderem an der Mediban-Offensive beteiligt, die maßgeblich zur Zerschlagung der Islamisten beitrug. Dabei wurde sie verletzt und kehrte nach rascher Genesung zurück an die Front. Als die Guerilla ihre Aufgabe in Şengal für vollendet erklärte, ging Arîn wieder in die Berge und absolvierte eine Weiterbildung. Als kompetente Kommandantin der YJA Star kam sie 2020 in die Zap-Region, wo sie ihren entschlossenen Kampf fortsetzte.

Şerzan Hingirvan

 

Şerzan Hingirvan ist in Istanbul geboren, seine Eltern stammten aus Mûş. Obwohl er nicht in Kurdistan aufwuchs, erlebte er keine Entfremdung von seiner Kultur. Er interessierte sich bereits als Kind für die Guerilla und ging 2015 in die Berge. Bei der Guerilla gewöhnte er sich schnell an seine neuen Lebensumstände und betrachtete diese als Möglichkeit, mehr über die Geschichte, Kultur und Identität seines Volkes zu lernen. Dass auch Frauen eine eigene Geschichte haben, war neu für ihn und er setzte sich intensiv damit auseinander, wie genossenschaftliche Beziehungen entstehen können. Nach einer militärischen Ausbildung kämpfte er in Rojava und Şengal gegen den IS und gewann dabei große Erfahrung. Nach dem Sieg über den IS in Şengal kehrte er zurück in die Berge und hielt sich zwei Jahre am Cilo auf. Er professionalisierte sich in der modernen Guerillataktik und nahm an mehreren erfolgreichen Aktionen teil.

 

2020 ging Şerzan in die Zap-Region, die zu jener Zeit massiv von der türkischen Armee angegriffen wurde. Er ging sofort in die Praxis und war an zahlreichen Angriffen beteiligt, die zu schweren Verlusten der Armee führten. Durch die Chemiewaffeneinsätze wurde seine Wut auf den Feind immer größer und er lebte bis zuletzt jeden Moment dafür, seine gefallenen Mitkämpfer:innen zu rächen.

Die HPG sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem patriotischen Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus.