HPG geben Identität von Botan-Gefallenen bekannt

Yusuf Pîrosî, Tekoşer Pêncewîn und Zerdeşt Isyan sind aufgrund von Verrat gefallen. Die HPG würdigen Yusuf Pîrosî als großen Militanten, der 33 Jahre lang für die Freiheitsbewegung im Einsatz war. Tekoşer und Zerdeşt haben in Rojava gegen den IS gekämpft

Die Guerillakämpfer Yusuf Pîrosî, Tekoşer Pêncewîn und Zerdeşt Isyan sind in Botan gefallen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) teilt dazu mit: „Am 26. Juli 2023 haben zwei Personen aus unseren Reihen, Baran und Dilpak, im Gebiet Bilbês im Landkreis Elkê [tr. Beytüşşebap] in Şirnex [Şırnak] Verrat begangen und sich dem Feind ergeben. Mit den Informationen, die diese Verräter dem Feind gaben, hat die türkische Besatzungsarmee eine Operation eingeleitet und am 27. Juli einen Ort im Gebiet Betkar in Elkê bombardiert, an dem sich eine Gruppe unserer Weggefährt:innen aufhielt. Obwohl der Feind über sehr klare und konkrete Informationen verfügte, brachte er nicht den Mut auf, sich unseren Genoss:innen zu nähern. Das wagte er erst nach stundenlanger Bombardierung mit seiner Kriegstechnologie. Bei der Bombardierung sind unsere Weggefährten Yusuf Pîrosî, Tekoşer Pêncewîn und Zerdeşt Isyan gefallen.“

Die HPG sprechen den Angehörigen der Gefallenen, der Bevölkerung von Camp Mexmûr und dem Volk Kurdistans ihr Beileid aus. Zur Identität der Gefallenen machen die HPG folgende Angaben:

                            

Codename: Yusuf Pîrosî
Vor- und Nachname: Hacı Ali Yiğit
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Asiye – Mustafa
Todestag und -ort: 27. Juli 2023 / Botan

 

Codename: Tekoşer Pêncewîn
Vor- und Nachname: Levent Andiç
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Ayşe – Davut
Todestag und -ort: 27. Juli 2023 / Botan

 

Codename: Zerdeşt Isyan
Vor- und Nachname: Isa Temel
Geburtsort: Adana
Namen von Mutter und Vater: Behice – Mehmet
Todestag und -ort: 27. Juli 2023 / Botan


Yusuf Pîrosî

Yusuf Pîrosî ist in Pîrosa im Landkreis Elkê geboren und in einem natürlichen Umfeld mit der ursprünglichen kurdischen Kultur aufgewachsen. 1989 traf er zum ersten Mal auf Guerillakämpfer:innen, die ihn sehr beeindruckten. Er gehörte dem Stamm der Pîrosî an und war vom Freiheitskampf überzeugt. Ab 1991 wurde er in der Befreiungsbewegung aktiv und arbeitete in verschiedenen Bereichen. Mit großem Mut und Opferbereitschaft gelang es ihm, viele schwere Aufgaben zu bewältigen. 1994 wurde er verhaftet und tagelang gefoltert. Er leistete Widerstand und ließ sich nicht brechen. Auch in den folgenden fünf Jahren seiner Gefangenschaft in Haftanstalten in Sêrt und Êlih (Siirt und Batman) wich er nicht von seiner revolutionären Haltung ab. Er nutzte das Gefängnis als Ort der Bildung und vervollständigte die typischen Eigenschaften der Menschen aus Botan – praktische Kreativität, Widerständigkeit, Mut und Opferbereitschaft – mit der apoistischen Ideologie. Nach seiner Entlassung setzte er seinen Kampf fort. Aufgrund der herrschenden Repression musste er schließlich mit seiner Familie in das selbstverwaltete Flüchtlingslager Mexmûr in Südkurdistan ziehen. Ab 2006 bis zu seinem Tod übernahm er mit großer Entschlossenheit sämtliche Aufgaben, die sich aus den jeweiligen Erfordernissen ergaben. Er war in schwierigsten Gebieten und Momenten an der Seite der Guerilla und trug dazu bei, dass Tausende Kämpfer:innen sicher Nordkurdistan erreichten. Die HPG bezeichnen Yusuf Pîrosî als einen furchtlosen Helden, der mit seiner schlichten und aufrichtigen Persönlichkeit, seiner hohen Moral und starken Energie als unvergesslicher Militanter in die Geschichte des kurdischen Freiheitskampfes eingegangen ist.

Tekoşer Pêncewîn


Tekoşer Pêncewîn ist in Mêrdîn-Şemrex (Mardin-Mazıdağı) geboren und in einem patriotischen Umfeld aufgewachsen. Seine Familie musste aus wirtschaftlichen Gründen nach Amed (Diyarbakır) ziehen und er beendete seine Schullaufbahn nach der ersten Gymnasialklasse, um zu arbeiten. Eine Zeitlang war die gesamte Familie in verschiedenen Regionen der Türkei in der Saisonarbeit tätig. Danach arbeitete Tekoşer in einer türkischen Großstadt und lernte Aktivist:innen der kurdischen Jugendbewegung kennen. 2014 schloss er sich in Amed der Guerilla an und absolvierte eine Grundausbildung im Besta-Gebiet in Botan. Nach einem Aufenthalt am Herekol ging er nach Rojava, um die Revolution gegen den IS zu verteidigen. Er kämpfte lange Zeit gegen die Islamisten, erlebte die letzten Momente wertvoller Mitkämpfer:innen und wurde selbst dreimal verwundet. Im heißen Krieg entwickelte er sich zu einem führenden Kommandanten, der sich und seine Genoss:innen unentwegt militärisch und ideologisch weiterbildete. Aus Rojava ging er zurück in die Berge und übernahm verschiedene Aufgaben für die Kommandantur, die für die Entsendung von Kämpfer:innen in den Norden zuständig ist. Nach einer ideologischen Weiterbildung an der Şehîd-Ibrahim-Akademie kam er nach Botan, wo er seinen Kampf erfolgreich fortsetzte, bis er sein Leben aufgrund von Verrat verlor.

Zerdeşt Isyan


Zerdeşt Isyan stammte aus Botan und kam in Adana zur Welt, weil seine Familie die Heimat aufgrund der Unterdrückung durch den türkischen Staat verlassen musste. Wie die meisten Vertriebenen war die Familie arm und Zerdeşt trug bereits in jungen Jahren zu ihrem Lebensunterhalt bei. Das prägte seine Persönlichkeit und er wuchs in dem Bewusstsein auf, dass alle Werte erarbeitet werden müssen. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass ihm diese Art zu leben aufgezwungen wurde. Der Krieg in Kurdistan hatte einen großen Einfluss auf ihn. Menschen aus seinem nahen Umfeld schlossen sich der Guerilla an und er verfolgte mit großem Interesse die Revolution von Rojava. 2013 ging er in die Berge und wurde Guerillakämpfer. Sein neues Leben begeisterte ihn und er sagte, dass damit etwas wahr wurde, von dem er zuvor nur träumen konnte. Ab 2014 kämpfte er in Rojava gegen den IS. Bei den Befreiungsoffensiven gewann er große militärische Erfahrung. Im Zuge des Mitte 2015 wieder aufgeflammten Vernichtungsfeldzugs des türkischen Staates in Kurdistan machte er sich auf den Weg nach Dersim, um sein Volk zu verteidigen. Dabei geriet er in Gefangenschaft und verbrachte ungefähr ein Jahr in türkischer Haft. Nach seiner Entlassung ging er 2016 zurück in die Berge und kam nach Heftanîn, wo er sich zwei Jahre lang vor allem am Aufbau der Infrastruktur beteiligte und technische Aufgaben übernahm. Nach einer ideologischen Fortbildung an der Şehîd-Ibrahim-Akademie war er wieder in der technischen Arbeit und wurde zum Profi in diesem Gebiet. Auf eigenen beharrlichen Wunsch ging er schließlich nach Botan, in die Region, in der seine Wurzeln lagen und in der er nie gelebt hatte. Er kämpfte bis zuletzt mutig, aufrichtig und entschlossen für seine Überzeugungen.