HPG: Devrim Botan und Ebû Leyla bei Angriff gefallen

Die Guerillakämpfer Devrim Botan und Ebû Leyla sind bei einem Angriff des türkischen Staates in den Medya-Verteidigungsgebieten ums Leben gekommen. Die HPG würdigen sie als wertvolle Genossen, die für die Freiheit der Völker im Nahen Osten kämpften.

Medya-Verteidigungsgebiete

Die Guerillakämpfer Devrim Botan und Ebû Leyla sind bei einem Angriff des türkischen Staates ums Leben gekommen. Das gaben die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Montag in Behdînan bekannt. Der tödliche Angriff auf die beiden Kämpfer ereignete sich demnach Ende April in einer nicht näher bezeichneten Region in den Medya-Verteidigungsgebieten. Die HPG sprachen den Angehörigen der Gefallenen ihr Beileid aus. Zu den persönlichen Daten der Kämpfer machte die Organisation folgende Angaben:

                                         

Codename: Devrim Botan

Vor- und Nachname: Yahya Tunç

Geburtsort: Şirnex

Namen von Mutter und Vater: Asya – Sait

Todestag und -ort: 30. April 2024, Medya-Verteidigungsgebiete

 

 

Codename: Ebû Leyla

Vor- und Nachname: Ahmad Adnan Berhawa

Geburtsort: Minbic

Namen von Mutter und Vater: Hele – Adnan

Todestag und -ort: 30. April 2024, Medya-Verteidigungsgebiete

 

Devrim Botan

Devrim Botan stammte aus Cizîr in der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak). Er gehörte einer Familie an, die mit ihrer Sprache und Kultur verwurzelt ist und der Lebensart in Botan entsprechend aus Tradition Widerstand leistet in einer durch Krieg und Unterdrückung geprägten Region. Die kurdische Befreiungsbewegung lernte Devrim auch dadurch früh kennen, dass sich viele Verwandte der PKK angeschlossen hatten.


Als junger Heranwachsender wurde Devrim Botan Mitglied der Revolutionären Jugend Kurdistans. Im Rahmen dieses Engagements geriet er in den Fokus der staatlichen Repression und wurde vorübergehend verhaftet. Diese Erfahrung wirkte sich entscheidend auf seinen Entschluss aus, sich aktiv in den Befreiungskampf einzubringen. 2015 schloss er sich unter dem Eindruck der türkischen Militärbelagerung kurdischer Städte, die zuvor als Antwort auf das Wiederaufflammen des Krieges in Kurdistan nach dem einseitigen Abbruch des Dialogprozesses mit PKK-Begründer Abdullah Öcalan durch die Regierung in Ankara die Selbstverwaltung proklamiert hatten, der Guerilla an.


Nach einem kurzen Aufenthalt in den Bergen von Cizîr wechselte Devrim Botan in die Medya-Verteidigungsgebiete, wo er eine militärische Ausbildung erhielt und sich in das Leben der Guerilla integrierte. Die nächsten Jahre verbrachte er die meiste Zeit im Zagros-Gebirge. Nach HPG-Angaben beteiligte er sich hier an nahezu allen Guerillaoffensiven und Operationen gegen die türkische Besatzung in Südkurdistan. Ab 2021, nachdem die Türkei ihre Besatzungsfeldzüge in den Medya-Verteidigungsgebieten eskalierte, wirkte er am Ausbau der unterirdischen Infrastruktur mit und spielte eine maßgebliche Rolle dabei, dass die Tunnelanlagen der Guerilla zu Festungen des Widerstands wurden. Seit 2023 war er im Kriegsgebiet im Einsatz. „Devrim Botan war ein mutiger Revolutionär und Genosse, der von seinen Mitkämpfer:innen sehr geschätzt wurde. Wir bleiben ihm stets verbunden“, so die HPG.


Ebû Leyla

Ebû Leyla wurde in Minbic (Manbidsch) in Nordsyrien als Sohn einer arabischen Familie geboren. Er wuchs in einem familiären Umfeld auf, in dem die Assimilationspolitik der vom Panarabismus getriebenen syrischen Baath-Partei strikt abgelehnt und ein gleichberechtigtes Leben aller Bevölkerungsgruppen und Religionen in all ihrer Vielfalt angestrebt wurde.

Als die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ab 2014 neben dem Irak auch Syrien überrannte und ein sogenanntes Kalifat ausrief, geriet Minbic unter die Besatzung der Dschihadisten. Ebû Leyla verweigerte sich, dem IS Treue zu schwören, und wurde verhaftet. Rund vier Monate verbrachte er in einem Gefängnis der Dschihadisten und wurde wiederholt gefoltert. Unmittelbar nach seiner Entlassung schloss er sich den Verteidigungskräften Rojavas an.

Nach einer militärischen Grundausbildung beteiligte sich Ebû Leyla an einer Vielzahl von Operationen gegen den IS in Nord- und Ostsyrien. Er wirkte auch an der Befreiungsoffensive der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) in Minbic mit, die am 1. Juni 2016 gestartet wurde und genau 75 Tage später die mehr als zweieinhalbjährige Herrschaft des IS beendete. Sein damaliger Nom de Guerre lautete Şervan. Als Abu Leyla, der bürgerlich Faisal Abdi Bilal Saadoun hieß und einer der Kommandanten der Befreiungsoffensive war, am dritten Tag der Operation bei einem Artillerieangriff von einem Schrapnell am Kopf getroffen wurde und kurz darauf verstarb, nahm er dessen Namen an.


Nachdem die QSD weitere Gebiete Nord- und Ostsyriens nach und nach vom IS befreiten, intensivierte die Türkei ihre Angriffe gegen Rojava. Nach ersten Invasionen 2016 in Regionen wie Cerablus und Al-Bab folgten 2018 und 2019 die Angriffskriege auf Efrîn, Serêkaniyê und Girê Spî. Ebû Leyla leistete auch hier Widerstand und entschied sich in der Folge, Rojava zu verlassen und zur Guerilla zu gehen. „Ihm war es ein großes Anliegen, seinen Beitrag im Kampf für eine offene, freie und pluralistische Gesellschaft zu leisten“, erklärten die HPG. „Hevalê Ebû Leyla war ein geschätzter Freund und internationalistischer Revolutionär, der Widerstand für die Freiheit aller Völker leistete, weil er von dem demokratischen, ökologischen und frauenbefreienden Paradigma der apoistischen Bewegung überzeugt war.“